Frankreich: Nein zum EU-Fiskalpakt wird stärker

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Front_de_gauche_referundum_fiskalpakt05.09.2012: Während anfänglich nur die Linksfront (Kommunisten, Linkssozialisten und andere antikapitalistische Linke) gegen die Ratifizierung des EU-Fiskalpakts im französischen Parlament Front machte und stattdessen eine Volksabstimmung forderte, weitet sich das Lager des Nein zu dem EU-Vorhaben inzwischen weiter aus. Am letzten August-Wochenende (25./26.8.) hatte die Linksfront ihren in der Universität von Grenoble veranstalteten „Bürgersommer“ mit rund 1 000 Teilnehmern genutzt, um den Startschuss für eine landesweite Kampagne für die Forderung nach einem Referendum über den Fiskalpakt zu geben.

Passend dazu wurde am gleichen Wochenende das Ergebnis einer von der kommunistischen Tageszeitung „Humanité“ in Auftrag gegebenen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts CSA bekannt. Bei der am 21./22. August bei einem repräsentativen Bevölkerungsquerschnitt durchgeführten Befragung hatten enorme 72 Prozent der Befragten die Frage, ob sie ein Referendum über den EU-Fiskalpakt wünschen, mit Ja beantwortet. Auch 66 Prozent der Befragten, die sich als Sympathisanten der Sozialistischen Partei bezeichneten, stimmten dieser Forderung zu.

Pierre Laurent, Nationalsekretär der PCF, erklärte dazu, der demokratische Wunsch, an der Entscheidung über den Fiskalpakt beteiligt zu werden, sei umso mehr gerechtfertigt, „als François Hollande sich zu einer Neuverhandlung über diesen Text verpflichtet hatte, die es aber in Wahrheit nicht gegeben hat“. Der Linkssozialist Jean-Luc Mélenchon, Ex-Präsidentschaftskandidat der Linksfront, sagte: „Was hat sich geändert? Nichts! Nicht eine Zeile, nicht ein Wort, nicht einmal ein Komma oder ein Anführungszeichen!“ Der Text sei immer noch genau der gleiche, wie ihn Merkel mit Sarkozy ausgehandelt und unterzeichnet hatte. Diesen „Merkozy“-Pakt hatte Hollande im Wahlkampf noch als so nicht annehmbar bezeichnet. Nun soll er genau so, ohne jede Änderung, bereits Ende September oder Anfang Oktober im französischen Parlament verabschiedet werden.

Ebenfalls an diesem Wochenende rief das Netzwerk Attac Frankreich bei seiner „Sommeruniversität“ in Toulouse unter dem Motto „Kämpfen wir gemeinsam gegen den Fiskalpakt und für ein anderes Europa“ die gesellschaftlichen, gewerkschaftlichen und politischen Bewegungen in Frankreich zu einer gemeinsamen „Blitzkampagne“ gegen die Ratifizierung des Fiskalpakts auf.

Zugleich kündigte der Chef der größten französischen Gewerkschaft CGT, Bernard Thibault, am 27. August eine eigene „Informations- und Mobilisierungskampagne“ gegen die Ratifizierung des EU-Vertrags an. Sie will damit die Haltung des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB) in Frankreich bekannt machen, der den Fiskalpakt gleichfalls ablehnt.

Auch im Lager der Regierungsparteien meldeten sich mittlerweile einige Abgeordnete zu Wort, die ankündigten, eventuell gegen die Ratifizierung des Vertrags stimmen zu wollen. Darunter zum großen Ärger des Alt-Grünen Daniel Cohn-Bendit, der seine Parteifreunde als „Arschlöcher“ beschimpfte, der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Senat, Jean-Vincent Placé, und der Ko- Vorsitzende der Grünen-Fraktion in der Nationalversammlung, François de Rugy. Bei den Sozialdemokraten machte die Pariser PS-Senatorin Marie-Noëlle Lienemann in zwei Publikationen deutlich, dass sie den Fiskalpakt in seiner gegenwärtigen Version für „nicht akzeptabel“ hält: „Man bietet uns eine Lerche in Sachen Wachstum an und ein Schlachtross für den Sparzwang.“ Im Regionalrat der Region Nord-Pas-de-Calais erklärte die sozialistische Abgeordnete Marie- Claude Marchand ihren Übertritt als unabhängige Linke in die Fraktion von Kommunisten und Linkspartei, weil die Sozialistische Partei nicht mehr gewillt sei den Mitbürgern zu gestatten, über so einschneidende Themen wie den Fiskalpakt ihre Meinung per Referendum zu bekunden.

Als Höhepunkt der landesweiten Aufklärungskampagne wird nun für Ende September in Paris eine große nationale Demonstration und Kundgebung angestrebt, an der sich möglichst alle Kräfte gegen den EU-Vertrag beteiligen sollen. Um jeden Verdacht einer Vereinnahmung durch die Linksfront zu vermeiden, soll dafür ein eigenständiges „Nationales Komitee für ein Referendum“ gebildet werden, an dem alle politischen und sozialen Kräfte, die das wollen, gleichberechtigt beteiligt werden. Zuvor soll das am Wochenende stattfindende zentrale „Huma-Fest“ in Paris bereits zu einem nationalen Höhepunkt der Kampagne für ein Referendum werden.

Auch Attac France schlug die Durchführung gemeinsamer örtlicher Aufklärungsaktionen und Versammlungen vor, wobei insbesondere die Abgeordneten der Regierungskoalition aufgesucht und mit der Frage nach ihrer Haltung zum Fiskalpakt konfrontiert werden sollen. Man werde sie daran erinnern, dass sie für ein Versprechen der Neuverhandlung gewählt worden sind, während der Merkozy-Vertrag um kein Jota verändert wurde, sagte Thomas Coutrot, Ko-Präsident von Attac-France.

Text: Pierre Poulain (Vorabdruck aus der UZ vom 7.9.12)    Foto: PCF

 

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