Ja, es tut weh, aber es muss jetzt getan werden!

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20.11.2017: Zu lange lähmt mich schon der parteiinterne Streit, macht mich die ultralinke Linie der Partei wütend, bin ich entsetzt über die Geschichtsvergessenheit, die sich in der Partei breit macht.

Wir sind jetzt also wieder eine marxistisch-leninistische Partei? Kann man ja beschließen. Aber erst nachdem heraus gearbeitet wurde, in welchem geschichtlichen Zusammenhang der Kanon des Marxismus-Leninismus entstand und welchem Zweck er diente. Anschließend müsste man begründen, warum es trotzdem richtig und wichtig ist, sich mit diesem Titel zu schmücken - wenn man es dann noch will.

Wir sollen wieder Stalin lesen? Echt jetzt? Wenn überhaupt, dann doch wohl um zu lernen wie die Dialektik durch Voluntarismus ersetzt wurde, wie die Theorie in den Dienst der Tagespolitik gestellt wurde, wie der Marxismus seiner Wissenschaftlichkeit beraubt wurde, wie Lenins geniales Handling von Strategie und Taktik entsprechend sich verändernder Kräfteverhältnisse durch Dogmatismus ersetzt wurde, warum in Stalins Zeit in der Sowjetunion mehr Antifaschisten und Kommunisten ums Leben kamen als durch den Klassenfeind. Und welche Fehlentwicklungen weiter wirkten, und zum Zusammenbruch dieses Sozialismusversuchs beigetragen haben.

Die DDR war die größte Errungenschaft der deutschen Arbeiterklasse? Liebe Genossen, da habt ihr was nicht mitbekommen. Die Möglichkeit für ein sozialistisches Deutschland kam mit den Waffen der Roten Armee und ging mit den Waffen der Roten Armee. Und ohne jetzt den Beweis anzutreten, behaupte ich, dass die deutsche Arbeiterklasse (und hier ist wohl lediglich ihr revolutionärer Flügel gemeint, aber es hört sich natürlich irgendwie großartiger an) zu keinem Zeitpunkt in den 40 Jahren DDR eine ideologische Hegemonie erreichen konnte. Von Interesse wären die Antworten auf die Frage: Warum ist uns das nicht gelungen?

Wir leben in der Epoche des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus?

Im Mannheimer Parteiprogramm von 1978 steht diese Epochencharakterisierung. Eine damals zu optimistische Definition, wie wir heute wissen. Aber für 1978 ist sie noch entschuldbar: ´74 Nelkenrevolution in Portugal, ´75 Sieg der Vietkong über die US-Armee und Tod Francos in Spanien, ´76 Sieg der „Marxisten“ in Angola und Mozambique, steigender Einfluss der Befreiungstheologie in Lateinamerika und manches weitere Ereignis, das mir jetzt nicht einfällt – da kann man schon vor Stolz die Realitäten übersehen.

Aber heute? Ich dachte, ich hör nicht richtig, als HP Brenner das auf der Theoriekonferenz der DKP 2015 (!) in Hannover von sich gab.

Nun gut, der Epochenbegriff ist nicht scharf abgegrenzt, aber er sollte doch die gesellschaftlichen Hauptkräfte benennen, die in dieser (unserer) Zeit wirken und die resultierende gesellschaftliche Entwicklung prognostizieren.

Eine solche Formulierung zur Beschreibung der geschichtlichen Situation heute? Das hat mit wissenschaftlichem Sozialismus nichts mehr zu tun. Das ist Gesundbeterei, das ist Idealismus.

In den Jahren 1989/90 hat die internationale Arbeiterklasse, egal ob kommunistisch, sozialistisch, sozialdemokratisch oder sich garnicht der eigenen Lage bewusst, eine beispiellose Niederlage erlitten – nein, sie erleidet sie seither.

So wie die Oktoberrevolution die internationale Arbeiterklasse und alle fortschrittlich denkenden Menschen im 20sten Jahrhundert beflügelt hat, so wird diese Niederlage noch lange wirken. Umso mehr, als von einer organisierten Arbeiterklasse heute nur noch marginale Reste übrig sind. Und umso mehr, als wir als Kommunisten nicht willens oder im Stande sind, diese Niederlage zu verarbeiten und aus ihr zu lernen.

Warum – ist es den sozialistischen Staaten nicht gelungen, die Produktivität über das Niveau der kapitalistischen Staaten zu heben, obwohl bürgerliche Ökonomen dies in der zweiten Hälfte der 60er Jahre für möglich hielten?

Warum – hat die Arbeiterklasse der sozialistischen Staaten keine Finger gerührt, als es um den Verlust „ihrer“ Macht ging? Offensichtlich hat sie es nicht als Verlust „ihrer“ Macht aufgefasst. Sie hat sich zum großen Teil an den konterrevolutionären Aktionen beteiligt. Warum – waren die kommunistischen Parteien, trotz großer Mitgliederzahlen, nicht in der Lage auf die politischen Herausforderungen adäquat zu reagieren?

Warum … ?

Sicher haben die kapitalistischen Staaten alles in ihrer Macht stehende versucht, diesen Sozialismus zu Fall zu bringen. Er wurde aber nicht von außen besiegt – selbst der Klassengegner hatte nicht mit diesem schnellen Zusammenbruch gerechnet.

Aber dass wir selbst, wir Kommunisten, von dieser Niederlage überrascht wurden macht unser Scheitern deutlich. Wir haben doch den Anspruch „vor der übrigen Masse des Proletariats (und m.E. erst Recht der Bourgeoisie) die Einsicht in die Bedingungen, den Gang und die allgemeinen Resultate der proletarischen Bewegung voraus“ zu haben. Wie wenig haben wir von Marx/Engels gelernt, die gesellschaftlichen Realitäten mit wissenschaftlicher Nüchternheit zu analysieren! Wie wenig haben wir von Lenin gelernt, unsere Politik entsprechend der gesellschaftlichen Situation zu variieren! Und wie wenig haben wir uns mit den Erkenntnissen der anderen marxistischen DenkerInnen (Luxemburg, Trotzki, Bucharin, Lukacs, Gramsci, Benjamin, Harich, Bloch und etlicher anderer) produktiv auseinander gesetzt! Und wieviel hat Letzteres mit der Dogmatisierung des Marxismus-Leninismus zu tun?

Damit wir beim nächsten Anlauf nur neue und nicht die alten Fehler machen, muss diese Niederlage analysiert und daraus Erkenntnisse gewonnen werden. Diese Aufgabe nimmt uns keiner ab, nur wir haben Motivation dazu. Das ist meiner Meinung nach auch eine der wesentlichen Aufgaben einer kommunistischen Partei heute: alle Meinungen, Erinnerungen und wissenschaftlichen Untersuchungen aus dem internationalen linken Lager, weit bis in das bürgerliche Meinungsspektrum hinein, zu sammeln, zu sichten, auszuwerten.

Zur Partei:

Um am Infostand oder im Gespräch mit KollegInnen bestehen zu können, brauche ich ein gewisses Maß an marxistischer Bildung, an Wissen zur Geschichte und zu aktuellen gesellschaftlichen Problemen. Das alles kann man sich auch woanders organisieren, aber ich betrachte es als unsere Angelegenheit, uns und unsere Genossinnen und Genossen zu schulen.

Weiterhin erwarte ich von meiner Partei, dass wir uns gegenseitig in die Lage versetzen, unsere Auffassungen, die ja nun für Außenstehende sehr ungewohnt sind, mit verständlichen Worten an den Mann und die Frau zu bringen. Ich verstehe nicht, warum wir in unseren Publikationen und Ansprachen immer wieder Ausdrücke nutzen, die außer uns nur wenige Menschen verstehen: Arbeiterklasse, Monopol, Profit, Ausbeutung, Imperialismus etc. – von Diktatur und Proletariat ganz zu schweigen. Wir müssen die Zustände und Forderungen nicht nur parteiintern klar benennen und zu dieser Klarheit gehört, dass sie in einer allgemein verständlichen Sprache formuliert sind.

Und ich brauche einen „geschützten“ Raum, wo ich meine Probleme mit der täglichen bürgerlichen Propaganda aus den Massen-, den sozialen Medien und dem Munde meiner Kolleginnen und Kollegen äußern kann, wo mit meinen Zweifeln und meinen Unsicherheiten solidarisch umgegangen wird.

Gerade Letzteres vermisse ich seit vielen Monaten.

Statt dessen erlebte ich, wie vor dem Hintergrund der Parteiauseinandersetzung differenzierte Argumente immer holzschnittartiger gerieten und persönlich herabwürdigend wurden. Sie liefen darauf hinaus, dass ich wohl Gefahr laufe, der bürgerlichen Propaganda auf den Leim zu gehen, dass ich einen unsicheren Klassenstandpunkt habe, dass meine Parteidisziplin zu Wünschen übrig lasse und dass mein Austritt zur ideologischen Klarheit in der Partei beitragen würde. Für solche Auskünfte muss ich nicht zum Gruppenabend gehen.

Apropos Parteidisziplin:

Ich bin nun seit 42 Jahren aktiv in einer deutschen kommunistischen Partei, erst in der Sozialistischen Einheitspartei Westberlins, dann in der DKP, war in etlichen Funktionen tätig und habe in dieser Hinsicht einiges erlebt. Auch ich habe als Jungkommunist meinen Fadejew und Ostrowski gelesen, sah mich als Parteisoldaten, wollte der Härte des Klassenfeindes mit der Härte gegen mich selbst begegnen, um im Klassenkampf alles zu geben. Selbst Parteiaufträge, die meinen persönlichen Interessen entgegen standen, waren kein Problem für mich – ich war überzeugt, damit der Revolution entgegen zu arbeiten.

Was ich aber damals schon demütigend fand, waren Situationen, in denen ich und andere GenossInnen in untergeordneten Gremien Beschlüsse der Leitung überzeugend begründen sollten, gegen die man in der Leitung vehement argumentiert hatte.

Parteiaufträge und solche Disziplinierungen mögen in Zeiten extremer Klassenauseinandersetzung (Faschismus, Bürgerkrieg, Revolution) ihre Berechtigung haben. Die 70er und 80er Jahre waren aber keine solchen Zeiten. Hier wurde, nicht durchgehend aber auch nicht selten, das zentralistische Element in der DKP überbetont.

Die Versuche, uns als Personen zu brechen, sollten wir dem Klassenfeind überlassen. Ich habe einige erlebt – als offen auftretender Kommunist in der Bundeswehr oder als Mitglied der Streikleitung im Betrieb.

In der Partei geht sowas nicht! Hier erwarte ich eine solidarische Atmosphäre. Wir alle, die wir uns in der kommunistischen Partei organisieren, kommen wegen unserer humanistischen Haltung. Wir wollen, dass alle Menschen friedlich, ohne Angst, in Würde und auskömmlich leben können. Diese humanistische Haltung muss auch die Atmosphäre in unserer Partei prägen – jedenfalls solange uns der Klassengegner lässt.

Dieser solidarische Umgang ging im Zuge der Parteiauseinandersetzung verloren, dazu habe ich mich schon geäußert. Mit dem Beschluss zur eigenständigen Kandidatur zur Bundestagswahl 2017 kam aber etwas hinzu, das zwar nicht die Qualität der oben beschriebenen Exempel des Zentralismus hatte, aber doch stark daran erinnerte – das Pochen auf die Beschlusstreue gegenüber der GegnerInnen dieses Beschlusses.

Mal abgesehen davon, dass ich mich sehr genau an die nicht vorhandene Beschlusstreue der Berliner Bezirksorganisation zur BTW 2009 erinnere, also Genossinnen und Genossen, die die jetzige PV-Mehrheit unterstützen, oder der Ignoranz des PT-Beschlusses zum Austritt aus der EU (diese Ignoranz finde ich angebracht, aber ohne Begründung nicht akzeptabel), oder die Nichtbeachtung eines Teil des Beschlusses zur BTW 2017 durch den PV (der Prüfung von Alternativen), was alles die Doppelmoral der PV-Mehrheit in dieser Hinsicht deutlich macht, möchte ich zum Ende dieses verschachtelten Satzes meine Auffassung zur Beschlusstreue deutlich machen:

Beschlüsse des Parteitags oder von übergeordneten Leitungen, sind für untergeordnete Gremien verbindlich – aber nicht für jeden einzelnen Genossen, jede einzelne Genossin. Mitglieder, die nicht von der Richtigkeit des Beschlusses überzeugt sind, müssen nicht persönlich für diesen Beschluss eintreten oder ihm folgen. Das gilt selbstverständlich auch für die je einzelnen Genossinnen und Genossen, die in ihrer Gesamtheit möglicherweise die Mehrheit in untergeordneten Gremien bilden. Untergeordnete Gremien, die mehrheitlich dem Beschluss der übergeordneten Leitung nicht folgen wollen, dürfen sich der Durchführung des übergeordneten Beschlusses enthalten, können aber keine gegenteiligen Beschlüsse fassen. Außerdem müssen sie der dortigen Minderheit die Gelegenheit geben, dem übergeordneten Beschluss Folge zu leisten.

Fand ich schon den Umgang mit der Bundestagswahl unmöglich, so war ich von der Auswertung erst recht entsetzt. Da wurde zwar die Enttäuschung über die mickrige Zahl an Wählerstimmen benannt, aber dann betont, wir gut das doch der Partei getan hätte. Die Genossinnen und Genossen wären mal wieder raus gegangen, hätten Infostände gemacht und mit dem Volk gesprochen. Das ist in zweifacher Hinsicht ein Armutszeugnis.

Erstens ist es doch ganz einfach: So klein die DKP heute ist, sie ist mit diesem Ergebnis unter Ihren Möglichkeiten geblieben. Wenn der Antritt zur BTW von so wenigen Genossen umgesetzt und von so wenigen Wählern honoriert wurde, dann war der Beschluss politisch falsch! Er wird auch nicht richtiger, wenn jetzt die therapeutische Wirkung nach innen hervor gehoben wird. Im Gegenteil. Denn diese Argumentation offenbart zweitens eine abgehobene Haltung und Sicht auf die Mitglieder in den Grundorganisationen: wir, die Leitung, wissen was gut für euch ist, Genossinnen und Genossen. Zum Beispiel frische Luft und Gespräche mit den Nachbarn.

Ich muss nochmal auf die große Niederlage zurückkommen. Der Imperialismus triumphiert, die internationale Arbeiterklasse ist geschlagen, die Sozialdemokratie meint sich auf dem Schoß der Bourgeoisie retten zu können, die kommunistischen Parteien verfallen, werden verboten oder sind marginalisiert. Meine Generation deutscher KommunistInnen, die Wenigen die wir nach 89/90 übrig waren, haben für das Überleben der DKP gekämpft. Die brüderliche Hilfe seitens der SED blieb plötzlich aus. Der hauptamtliche Apparat der DKP konnte nicht mehr finanziert, und musste aufgelöst werden. Ich habe damals als stellvertretender Kreisvorsitzender meinen hauptamtlichen Kreisvorsitzenden, Gunnar, gekündigt. Der immobile Parteibesitz musste liquidiert, die Finanzierung der DKP völlig neu aufgestellt werden. Die Partei hatte seit den 80ern beständig Mitglieder verloren, aber jetzt gab es noch mal einen Massenexodus. Und - wie viel Häme und Verleumdungen mussten wir ertragen! Nicht nur vom Klassengegner, teilweise von ehemalig hochrangigen Funktionären in der DKP!

Wie konnte unter diesen Umständen ein Parteileben aufrecht erhalten werden? Würde es möglich sein, die UZ wieder erscheinen zu lassen, die Marxistischen Blätter? Und dann die vielen ideologischen Fragen. Was gilt noch („Die Entwicklung des Sozialismus ist unumkehrbar“ offensichtlich nicht mehr!), was muss neu durchdacht werden, wessen müssen wir uns neu versichern?

Viele Genossinnen und Genossen waren, meistens vereinzelt in Gremien der Gewerkschaften oder Bewegungen, weiterhin aktiv und dort anerkannt. Trotz, nicht wegen der Mitgliedschaft in der DKP. Das hat geholfen, die Partei zu stabilisieren – auf sehr niedrigem Niveau, aber es ist uns gelungen! Seither konnte die DKP aufrechterhalten, aber nicht gestärkt werden. Mit diesem Problem kämpfen die anderen kommunistischen Parteien in Europa auch. Es hat also nichts mit falscher Strategie zu tun.

Angesichts der Schwäche der linken Kräfte verbietet sich jede „Offensiv-Strategie“ der DKP. Sie wäre, ob der Größe unserer Partei, einfach lächerlich. Wir müssen und sollten über jede Empörung, jede Initiative oder Bewegung, die sich auch nur ansatzweise gegen die herrschenden Verhältnisse auflehnt, froh sein und sie nach Kräften unterstützen. Das heißt nicht, unsere Sympathie kritiklos zu verschenken. Das macht doch, wenn´s gut geht, unsere Stärke und Besonderheit aus: dass wir in der Lage sind, die vorwärtsweisenden Elemente zu benennen, die Gemeinsamkeiten mit anderen Bewegungen herauszuarbeiten und zu verstärken. Aber auch wenn wir solidarisch kritisieren – bitte immer nur, wenn wir selber Teil dessen sind, was wir kritisieren – nie von außen!

Den Genossinnen und Genossen der jetzigen PV-Mehrheit war das zu defensiv, sie sahen darin eine kritiklose Anbiederung an die PdL, an die Gewerkschaften, an die Friedensbewegung und Antifa etc. - eben einen reformistischen Kurs. Seit dem 20sten PT der DKP 2013 hat sich etliches geändert im Umgang mit anderen linken und fortschrittlichen Kräften, mit der Sicht auf die Geschichte, mit der Sicht auf die aktuellen politischen Herausforderungen, im Umgang mit den verschiedenen Meinungen in der DKP.

Das hat dazu geführt, dass ich mich nicht mehr in Lage sehe, für die DKP am Infotisch zu stehen oder im persönlichen Gespräch zu werben.

Das hat aber nicht dazu geführt, dass seitdem die DKP stärker wird, weder politisch noch personell – im Gegenteil.

Leider haben die Misserfolge nicht zum Nach- oder gar Umdenken bei der PV-Mehrheit geführt. Auf der 9. PV-Tagung wurde beschlossen, den Bezirk Südbayern aufzulösen und für den nächsten Parteitag einen Beschluss zur Unvereinbarkeit der Mitgliedschaft in der DKP und der Mitarbeit im Netzwerk kommunistischer Politik innerhalb der DKP vorzubereiten. Dagegen hat es massenhaften und massiven Protest aus der Partei gegeben. Die DKP droht auseinander zu brechen.

Offensichtlich meint die PV-Mehrheit damit leben zu können – sie spricht ja auch von einem Neuaufbau der DKP - und hat auf der 10. PV-Tagung ihre Haltung nochmal bekräftigt.

Das ist für mich nicht hinnehmbar.

Ich habe nach der 9. PV-Tagung zusammen mit anderen Genossinnen und Genossen in Göttingen einen offenen Brief geschrieben. In diesem Brief haben wir gesagt, dass wir uns eine weitere Mitarbeit in der DKP nicht vorstellen können, wenn der PV die oben genannten Beschlüsse nicht zurück nimmt. Nach der 10. PV-Tagung ziehe ich nun die Konsequenz und trete aus der DKP aus.

Dieser Schritt fällt mir sehr schwer. War doch die Partei über Jahrzehnte nicht nur politische Heimat für mich – sie hat mich und mein bisheriges Leben geprägt. Politische Niederlagen habe ich etliche hinnehmen müssen, diese Entwicklung empfinde ich aber auch als eine persönliche. Ich habe es lange nicht für möglich gehalten, dass sich die Partei nochmal derartig in eine dogmatische Richtung entwickeln könnte. Gesellschaftspolitisch ist die DKP leider schon seit Jahren irrelevant und nun auf dem besten Weg, eine Politsekte zu werden. Natürlich frage ich mich bei dieser bitteren Bilanz auch, was wir, was ich versäumt habe(n) zu tun; was unser/mein Anteil an dieser fatalen Entwicklung ist.

Also Asche auf mein Haupt? Nein Danke! Sicherlich habe ich in meinem bisherigen politischen Handeln Fehler gemacht und werde vor weiteren nicht gefeit sein. Aber insgesamt bin ich stolz auf mein bisheriges Leben als politisch aktiver Mensch, als Genosse, als Kommunist. Und ich werde weiterhin Kommunist bleiben und für gesellschaftlichen Fortschritt kämpfen – nur leider nicht mehr in „meiner“ Partei, der DKP. Ich muss nun andere marxistisch orientierte Zusammenhänge finden oder aufbauen müssen, in denen mein persönliches Engagement durch weitere Genossinnen und Genossen verstärkt wird.

Tom Oesterreich

Göttingen im November 2017