Mitte Dezember trafen sich, zum zweiten Mal in diesem Jahr, Genossinnen und Genossen des Netzwerks in Göttingen. Themen des ersten Tags waren zum einen die Veränderungen im internationalen Kräfteverhältnis, erkennbar u.a. durch internationale Zusammenschlüsse, die sich gegen die sog. „regelbasierte internationale Ordnung“ richten, wie sie die NATO- und EU-Staaten versuchen aufrechtzuerhalten und durchzusetzen, oder auch durch die wachsende Bedeutung der BRICS-Staaten und speziell Chinas. Klaus Stein und Dieter Stehling referierten dazu, eine lebhafte Diskussion mit unterschiedlichen Bewertungen schloss sich an. Ob damit die Chancen für eine friedlichere Entwicklung der Welt steigen, war eine der diskutierten Fragestellungen.
Das zweite Referat hielt Ulrich Schneider, einer der Sprecher der VVN und Generalsekretär der FIR. Er befasste sich mit der politischen Rechtsentwicklung in Deutschland, weitete aber den Blick auch auf andere europäische Staaten wie Holland, die Schweiz oder Italien. Die Wurzeln der Rechtsentwicklung sah er in den multiplen (weltweiten) Krisen, die aufgrund der Schwäche der Linkskräfte zu einem Erstarken rechtsextremer bis neofaschistischer Bewegungen führten und führen. Als Gegenstrategie arbeitete er heraus, dass sich die fortschrittlichen Kräfte stärker mit den realen Problemen der Menschen befassen müssen, dieses Terrain nicht der AfD überlassen dürfen; diese greift zwar reale Probleme auf, gibt darauf aber nur reaktionäre, rassistische, neoliberale und mit dem Kapitalismus vereinbare Antworten. In der Diskussion wurde auch die VVN-Aktion „Höcke ist ein Nazi“ angesprochen, die Ulrich als Versuch erklärte, die „Brandmauer“ zur AfD aufrechtzuerhalten, die aber bereits viele Risse hat. Auch der Vorwurf der „Rechtsoffenheit“ gegenüber Teilen der Friedensbewegung wurde angesprochen, ebenso wie Spannungen zwischen dem DKP-Parteivorstand und der VVN.
Der zweite Tag war der Entwicklung der DKP und der Rolle des Netzwerks Kommunistische Politik vorbehalten. Es zeigte sich - bei allen Vorbehalten - eine vorsichtig optimistischere Einschätzung als bei den letzten Treffen. In manchen Bereichen finde eine begrüßenswerte Anpassung an die Realitäten statt, gleichzeitig gebe es aber nach wie vor unverständliches sektiererisches Herangehen, beispielhaft zu sehen an der Nichtunterzeichnung des Aufrufs zur Friedensdemonstration am 25.11. in Berlin bei gleichzeitiger Mobilisierung dafür. (Als Grund wurde die Verurteilung des russischen Angriffs auf die Ukraine genannt.) Die Offenheit gegenüber Positionen des Netzwerks und die Möglichkeiten, darüber zu diskutieren, beurteilten viele größer als bis vor 1 oder 2 Jahren.
Das Netzwerk sahen alle Anwesenden weiterhin als wichtig für den Austausch über eine kommunistische Politik an, die auf dem Boden des DKP-Programms steht. Um diese Politik weiterzuentwickeln, ist eine Zusammenarbeit mit anderen marxistischen Kräften und mit marxistischen Wissenschaftlern nötig, wie die DKP es in den 70er Jahren beispielhaft praktiziert hat. Dem dienten die beiden vom Netzwerk und der „Marxistischen Linken“ angeregten „Marxistischen Ratschläge“, denen ein weiterer zum Thema „Marxisten und Gewerkschaftsbewegung“ folgen soll. Solche Treffen seien wichtig für die Ausstrahlungskraft marxistischer und auch kommunistischer Politik, aber ebenso für die Entwicklung einer realistischen Politik der Kommunisten, zu der es - so sahen es die Teilnehmerinnen und Teilnehmer - keine sinnvolle Alternative gibt.
Norbert Heckl