DKP-Gruppe Köln – Innenstadt : Gegen die Auflösung der Bezirksorganisation Südbayern!

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01.07.2017:Lenin stellt in „Der linke Radikalismus – die Kinderkrankheit im Kommunismus“ (April/Mai 1920) die Frage: „wodurch wird die Disziplin der revolutionären Partei des Proletariats aufrechterhalten? wodurch wird sie kontrolliert? wodurch gestärkt?“ Und antwortet: „Erstens durch das Klassenbewusstsein der proletarischen Avantgarde und ihre Ergebenheit für die Revolution, durch ihre Ausdauer, ihre Selbstaufopferung, ihren Heroismus. Zweitens durch ihre Fähigkeit, sich mit den breitesten Massen der Werktätigen, in erster Linie mit den proletarischen, aber auch mit den nichtproletarischen werktätigen Massen zu verbinden, sich ihnen anzunähern, ja ... sich bis zu einem gewissen Grade mit ihnen zu verschmelzen. Drittens durch die Richtigkeit der politischen Führung, ... ihrer politischen Strategie und Taktik, unter der Bedingung, daß sich die breitesten Massen durch eigene Erfahrung von dieser Richtigkeit überzeugen. […] Ohne diese Bedingungen werden die Versuche, eine Disziplin zu schaffen, unweigerlich zu einer Fiktion, zu einer Phrase, zu einer Farce.“ (Lenin Werke 31, S. 9 zitiert nach Prof. Dr. Heinz Karl „Lenins 'Partei neuen Typus' im Widerstreit der An- und Draufsichten“, unveröffentlichtes Manuskript)

Der Beschluss der 9. PV-Tagung vom 18. Juni 2017, die Bezirksorganisation Südbayern aufzulösen, wird trotz seiner Tragweite zu dürftig begründet: „Die Bezirksorganisation akzeptiert wesentliche Beschlüsse der vergangenen beiden Parteitage, des höchsten Gremiums der DKP nicht und arbeitet, teilweise öffentlich, gegen sie. Ein gemeinsames Handeln mit der Gesamtpartei ist in wesentlichen Bereichen nicht mehr gegeben. Alle Versuche, wieder zu einer Verbindlichkeit der Zusammenarbeit zwischen dem Parteivorstand und der Bezirksorganisation zu kommen, sind gescheitert. Die Zusammenarbeit der Bezirksorganisation und den Mitgliedern der Bezirksorganisation, die sich zu den Beschlüssen der vergangenen beiden Parteitage bekennen, ist in wesentlichen Bereichen ebenfalls kaum mehr gegeben. Alle Versuche diesen Entwicklungen entgegen zu steuern sind gescheitert.“

Eva Petermann, Mitglied des PV, protestiert in einem Schreiben an den PV schärfstens gegen diesen Beschluss und fordert seine umgehende Aufhebung. Unter anderem begründet sie ihre Protest wie folgt:

„Die Beschluss-Vorlage dafür wurde den PV-Mitgliedern nicht vorab zugesandt; wir erhielten ihn erst direkt vor Sitzungsbeginn. Auf dem TO-Vorschlag tauchte nur der TOP 'Parteiauseinandersetzung' auf, kein konkreter Hinweis auf geplante Maßnahmen. Der Beschluss ist also schon rein formal fragwürdig und damit anfechtbar. Abgesehen davon wurden auf diese Weise die Rechte und Möglichkeiten der PV-Mitglieder, sich verantwortungsbewusst vorzubereiten, gravierend verletzt. Der Nichtbefassungsantrag von Lothar Geisler, in dem er vor dieser Überrumpelung und 'eklatanten Verletzung der innerparteilichen Demokratie' warnt, wurde abgelehnt.

Die betroffenen Vertreter des BV Südbayern wurden nicht zur Sitzung eingeladen, um Stellung zu nehmen. (Verstoß gegen das Anhörungsrecht nach Artikel 16). Dies wäre umso wichtiger gewesen, als Hintergrundinformationen lediglich mündlich geliefert wurden.“

Sie resümiert:

Der Skandal besteht hier aber vor allem darin: Ein so weitreichender, in der Geschichte der DKP einmaliger Beschluss der Auflösung einer Bezirksorganisation soll gegen deren erklärten Willen, im Hauruckverfahren durchgezogen werden. Sollen also erst Fakten geschaffen werden, damit dann der Parteitag – ein Dreivierteljahr später – sein Votum zu dem entstandenen Scherbenhaufen abgeben darf?“ und

Ein solches Vorgehen einer PV-Mehrheit gegen eine Bezirksorganisation, auch noch als Sofortmaßnahme, habe ich während meiner mehr als 40 Jahre langen Parteizugehörigkeit nicht erlebt. Das für eine kommunistische Partei Beschämendste daran ist: Der Beschluss und sein Zustandekommen stellen einen schweren Verstoß gegen die innerparteiliche Demokratie dar.“

Die Auflösung des Bezirks Südbayern würde den ohnehin brüchigen Zusammenhalt der Partei und ihrer Gliederungen sprengen. Wir unterstützen die Haltung von Eva Petermann. Wie sie fordern wir die umgehende Aufhebung des Auflösungsbeschlusses.

Zudem fällt auf, dass sich seine Begründung politischer Aussagen enthält. Für den Mangel an Zusammenarbeit wird ausschließlich die Bezirksorganisation Südbayern verantwortlich gemacht. Um was geht es denn politisch? Zumindest um die Differenzen bei der Frage der Beteiligung an den Bundestagswahlen. Auch wir sind von der Richtigkeit dieses Beschlusses nicht überzeugt. Es handelt sich um Fragen der Taktik, die hier in der Vordergrund gespielt werden in einer Situation, in der unsere Strategie, wie sie im Programm formuliert ist, in Frage steht. Die Wahlfrage ist nachrangig, aber zudem falsch beantwortet.

Es steht die Richtigkeit der Entscheidung zur Debatte. Also die „Richtigkeit der politischen Führung“, „die Richtigkeit der politischen Strategie und Taktik“. Hier gilt ganz offenkundig nicht die Regel des Gehorsams, sondern die der Überzeugungskraft. Zumal Lenin eine Kleinigkeit anfügt: er stellt die „Bedingung, daß sich die breitesten Massen durch eigene Erfahrung von dieser Richtigkeit überzeugen.“ Weder die Wahlergebnisse in NRW am 14. Mai noch die vorheriger Wahlen lassen erwarten, dass die breitesten Massen durch eigene Erfahrung von der Richtigkeit der Entscheidung für eine DKP-Kandidatur zu überzeugen sind. Es hakt schon bei den Unterstützungsunterschriften. Aber gibt es nicht zu denken, dass wir häufig leichter Unterstützungsunterschriften als am Ende Stimmen erhalten?

Man kann es auch so sagen: Wer nur über einen Hammer verfügt, neigt dazu, jedes Problem als Nagel zu behandeln.

(Diese Stellungnahme wurde auch in die Kreismitgliederversammlung Köln eingebracht, sie wurde aber mehrheitlich abgelehnt)