Beschluss zur Europäischen Linken: Tricksen und Täuschen

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ffm blockupy2013 DKP EL Block04.06.2013: Entgegen der Empfehlung der Antragskommission folgte eine Mehrheit der Delegierten dem Abänderungsantrag von Patrik Köbele und anderen zum Antrag I_03. Darin heißt es: "Die derzeitige Praxis der beobachtenden Mitgliedschaft wird korrigiert. ...

  • -    Die Mitarbeit im Vorstand der Partei Europäische Linke wird eingestellt.
  • -    Die DKP tritt in der Öffentlichkeit nicht als Mitglied der Partei Europäische Linke auf und verwendet die Symbolik dieser Partei nicht für ihre eigene Werbung und Öffentlichkeitsarbeit".

Bis zum 21. Parteitag soll der Status der beobachtenden Mitgliedschaft in der Europäischen Linken überprüft werden.

Die DKP ist seit Anfang 2005 als Partei mit Beobachterstatus ein Teil der Europäischen Linken. Dem Parteitag lagen Anträge vor, den Beobachterstatus unverändert beizubehalten, Mitglied mit allen Rechten und Pflichten zu werden sowie aus der EL auszutreten. Nach acht Jahren Mitarbeit in der EL, welche neuen Erkenntnisse soll es bis zum nächsten Parteitag geben?

Mit diesem Beschluss wird der Beobachterstatus zwar formal beibehalten; wenn jedoch die Mitarbeit eingestellt und die DKP nicht mehr als Mitglied der EL auftreten soll, dann bedeutet dies aber schon jetzt den de facto Austritt aus der EL.

Denn die EL als "eine flexible, dezentrale Assoziation unabhängiger und souveräner europäischer Linksparteien und politischer Organisationen, die nach dem Konsensprinzip arbeitet" und aus den "Mitgliedsparteien/politischen Organisationen mit allen Rechten und Pflichten" sowie "den Beobachterparteien" besteht (Statut der EL), setzt sich in ihrem Statut u.a. das Ziel, "die Zusammenarbeit der Parteien und politischen Organisationen auf allen Ebenen zu festigen", um "einen Beitrag zur Herstellung eines breiten sozialen und politischen Bündnisses für eine radikale Veränderung der Politik zu leisten". (Programm der EL)

Wie durch die Einstellung der Mitarbeit die Zusammenarbeit für das Ziel der "Emanzipation des Menschen, Befreiung der Frauen und Männer von Unterdrückung, Ausbeutung und Ausgrenzung in jeglicher Form" (Programm der EL) gefestigt werden soll, bleibt das Geheimnis der Antragsteller.

Aber wie die Mitglieder der DKP über die Konsequenzen des Beschlusses hinters Licht geführt werden, so blieb auch bei der Begründung des Antrages die Wahrheit auf der Strecke.

Im Antrag I_03, auf den sich Patrik Köbele und GenossInnen mit ihrem Abänderungsantrag bezogen, heißt es:

  • Die EL ist in ihrem Wirkungsbereich bis heute nicht über den institutionellen Rahmen und die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union hinausgekommen. Wichtige linke und kommunistische Parteien aus europäischen Ländern außerhalb der EU gehören der EL kaum an.“

    Fakt ist: Als die EL im Jahr 2004 an den Start ging, zählte sie 15 kommunistische und Linksparteien aus 12 europäischen Ländern als Vollmitglieder und drei Parteien mit Beobachterstatus. Gegenwärtig gehören ihr 27 Parteien als Vollmitglieder und 11 Parteien mit Beobachterstatus an.
    Ein Wachstum, das die zunehmende Attraktivität der EL für kommunistische und linke Parteien zeigt. Der Schwerpunkt liegt – so ist es auch im Statut geregelt – bei Parteien in „Mitglied- und assoziierten Staaten der Europäischen Union“. Dies liegt auch daran, dass die EL eine »europäische Partei« ist, die laut Verordnung der EU „Europaabgeordnete oder Abgeordnete in nationalen oder regionalen Parlamenten in mindestens einem Viertel der Mitgliedsstaaten; oder mindestens drei Prozent der Stimmen bei den letzten Europawahlen in mindestens einem Viertel der Mitgliedsstaaten“ aufweisen muss (VERORDNUNG (EG) Nr. 2004/2003 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 4. November 2003 über die Regelungen für die politischen Parteien auf europäischer Ebene und ihre Finanzierung)

    Allerdings hat die EL in den zurückliegenden Jahren vielfältige Beziehungen mit Parteien in anderen Regionen aufgenommen: So gibt es regelmäßige Arbeitsbeziehungen mit dem Foro Sao Paolo, dem Zusammenschluss linker und kommunistischer Parteien Lateinamerikas und der Karibik. Erst jüngst wurde mit der Kommunistischen Partei Cubas eine engere Zusammenarbeit vereinbart. Mit linken und kommunistischen Parteien südlich des Mittelmeeres und des Mittleren Ostens finden gemeinsame Seminare statt, um gemeinsame politische Positionen zu erarbeiten.
  • Von gleichem Kaliber ist eine weitere Behauptung in der Antragsbegründung: „Für die DKP stellt sich folgendes Problem: Führende Positionen der EL werden von Vertretern der deutschen Partei Die Linke besetzt und ausgeübt.

    Fakt ist: Vorsitzender der Europäischen Linken ist seit dem Kongress im Jahr 2010 Pierre Laurent, Nationalsekretär der Französischen Kommunistischen Partei PCF. Stellvertretende Vorsitzende sind: Maite Mola (Kommunistische Partei Spaniens, PCE), Grigori Petrenko (Partei der Kommunisten Moldawiens), Alexis Tsipras (Synaspismos/SYRIZA, Griechenland), Marisa Matias (Linksblock Portugal). Tatsächlich gehört mit Diether Dehm als Kassier nur ein Mitglied der Partei DIE LINKE dem siebenköpfigen Sekretariat der EL an. Ansonsten ist DIE LINKE wie jede andere Mitglieds- oder Beobachterpartei mit zwei GenossInnen im Vorstand der EL vertreten.
  • Den Vogel schoss jedoch der neue Sekretär für Internationale Beziehungen der DKP, Günter Pohl ab. In seinem Diskussionsbeitrag behauptete er: „Man muss auch sehen, der Vorsitzende (der EL) ist Pierre Laurent. Der gehört einer Partei an, die gerade mit ihrer imperialistischen Regierung in den Mali-Krieg gezogen ist. Die französische KP hat über ihre Abgeordneten in der Nationalversammlung diesem Kriegseinsatz zugestimmt.“

    Nun kann man sicher kritisieren, dass die PCF - im Unterschied zu uns - die geostrategischen und ökonomischen Hintergründe der französischen Militärintervention in Mali nicht – oder zu wenig - thematisiert. Aber deshalb ist die PCF mit ihrem Nationalsekretär Pierre Laurent noch lange nicht gemeinsam „mit ihrer imperialistischen Regierung in den Mali-Krieg gezogen“. Schon gar nicht haben sie „in der Nationalversammlung diesem Krieg zugestimmt“. Das hätten sie auch gar nicht gekonnt, weil über diesen Kriegseinsatz im Parlament gar nicht abgestimmt worden ist.

    Die PCF hat die Militärintervention kritisiert, weil „die Antwort auf das Hilfsersuchen des Präsidenten von Mali im Rahmen einer Mission der UNO und der Afrikanischen Union hätte stattfinden müssen, unter der Fahne der UNO, mit Streitkräften aus Mali und Afrika, im strikten Respekt der Charta der UNO, in den von den Erfordernissen der malischen Souveränität gesetzten Grenzen. Frankreich, als alte Kolonialmacht, kann nicht den Anschein erwecken als wollte es die Herrschaftspraktiken des »französischen Afrikas« weiter verfolgen.“ (www.pcf.fr/33977)
    In der vom 36. Parteitag angenommenen Erklärung heißt es: „In Mali sind der Verfall des Staates und die Aktivität bewaffneter islamistischer Banden die Frucht einer tiefen Krise, zugespitzt durch den Krieg der NATO in Libyen, die sich von Jahr zu Jahr vertieft hat unter dem Druck der Praktiken von Franceafrique (gemeint ist die neokoloniale französische Politik gegenüber den ehemaligen westafrikanischen Kolonien) und neoliberaler struktureller Anpassungsprogramme unter dem Zwang des IWF. Die französische Militärintervention macht diese große Sackgasse der Politik der Domination und der Beraubung deutlich. Wir verstehen die Erleichterung der Malier, die dem Angriff der bewaffneten Djihad-Banden ausgesetzt waren. Es gibt aber keine militärische Lösung dieser schweren Destabilisierung, die den Sahel-Raum und andere Länder in Afrika bedrohen.“
    Dazu kommt, dass es sich zwar um einen imperialistischen Krieg handelt, dass aber die französischen Soldaten von einem erheblichen Teil der Bevölkerung Malis spontan als »Helfer« im Kampf gegen die Terrorherrschaft islamistischer Banden im Norden Malis begrüßt wurden. Eine ähnliche Haltung hat die relativ große Immigrationsgemeinde aus Mali in Frankreich eingenommen, die generell antikolonialistisch-links eingestellt ist und oft gerade in den kommunistisch oder links regierten "Randkommunen" der Ballungszentren zu Hause ist. In dieser Konstellation hat die PCF ihre Position zum Krieg in Mali entwickelt.

    Da mag man eine andere Meinung haben. Aber die Schwesterpartei PCF als Kriegspartei zu denunzieren, um auf dem Parteitag Stimmung gegen die Europäische Linke zu entfachen und die Mehrheit für den eigenen Antrag zu gewinnen, ist inakzeptabel.

Dieses Tricksen und Täuschen hat nicht dazu beigetragen, dem Beschluss Legitimität zu verleihen.

Leo Mayer