Mein Beitrag zur Debatte (Erika Beltz)

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Laut unserem Statut ist es nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht von jedem Mitglied an der Parteidiskussion teilzunehmen:

„Dazu gehört das Recht, einzeln oder in Verbindung mit anderen Mitgliedern politische Positionen, Kritik und Vorschläge zu entwickeln, in den Zusammenkünften und Publikationen der Partei alternative politische Positionen zu vertreten und dafür in unserer Partei um demokratische Mehrheiten zu werben.“

Nicht mehr und nicht weniger haben jene 84 Genossinnen und Genossen, darunter auch ich, getan, um in Vorbereitung des Parteitages eine Diskussion zu entfalten, die die DKP stärken, ihr kommunistisches Profil schärfen und unseren Einfluß in der Arbeiterbewegung - sofern man angesichts der Schwäche davon noch sprechen kann - erweitern soll. (Objektive Gründe für die Schwäche der Linken, der Arbeiterbewegung und der DKP müssen hier nicht erneut genannt werden.)

Was war die Reaktion darauf? Eine völlig überzogene und teilweise beleidigende Kampagne – insbesondere auch von einigen Mitgliedern des PV: Es schade der DKP, berge die Gefahr der Fraktionierung, sei nicht in Übereinstimmung mit unserem Parteiprogramm; von Klippschul-Marxismus war die Rede, von Zerfleischung bis hin zum Nachdenken, wie wir organisatorisch getrennte Wege gehen können. Das alles wegen eines Diskussionspapiers, von dem selbst die Unterzeichner einräumten, nicht in allen Punkten überein zu stimmen?

Unser Parteiprogramm wurde nach jahrelanger Diskussion mit einer Mehrheit von etwa 2/3 der Delegierten beschlossen. Das ist in der DKP-Geschichte ein extrem niedriges Ergebnis (dennoch ist es selbstverständlich gültig); in gewisser Hinsicht ist es inhaltlich ein Kompromiß und teilweise unterschiedlich interpretierbar. In keiner Hinsicht weicht das Papier „den Gegenangriff organisieren“ von der beschlossenen Programmatik ab.

Die Orientierung auf den Kern der Arbeiterklasse und auf die Betriebe, das war immer das A und O. „Die DKP ist die revolutionäre Partei der Arbeiterklasse der BRD“, das war der erste Satz im Mannheimer Parteiprogramm, der auch heute noch drin steht, wenn auch weiter hinten.

Unsere heutige Orientierung (im Referat der 8. PV-Tagung) dagegen lautet: „wir sollten unseren Einfluß nutzen, um auf Bewegungen und Aktionen zu orientieren“ und „für die DKP ist es eine Herausforderung die Politik der Aktionseinheit... zu diskutieren“ – mit wem? mit der SPD, der Partei der Kriegsverbrecher, Agenda 2010 und Hartz IV?!  Und es wird betont: „Wir sind verpflichtet zu einer konstruktiven, aber auch kritischen Mitarbeit in der Europäischen Linken“.

Bei so viel Bewegung und Bündelung linker Kräfte besteht die Gefahr, daß die DKP sich in der Öffentlichkeit kaum mehr von der PDL unterscheidet (besonders deutlich war das in unserem EU-Wahl-Programm, wofür wir ja auch die Quittung bekommen haben), ja, daß die DKP kaum noch wahrgenommen wird, wozu auch die auferlegte Abstinenz bei der Möglichkeit, zu Parlamentswahlen zu kandidieren beiträgt.

Das Papier der 84 bleibt bei der Orientierung auf die Arbeiterklasse; es hat eine klare (verbesserungswürdige) Sprache, es nennt die Dinge beim Namen und versucht, der Entstehung von Illusionen vorzubeugen. Und vor allen Dingen ist es als Diskussionsgrundlage gedacht, was eine Überarbeitung und Verbesserung einschließt und erhofft.

Dazu möchte ich vorschlagen, daß zwei Bereiche ausführlicher dargestellt werden: die Gefahr des Faschismus und die Kriegsgefahr.
Faschismus ist nicht immer identisch mit der Nazidiktatur und ihrer Verbrechen. Wenn wir uns ansehen, was in den letzten Jahren an bürgerlichen Rechten eingeschränkt und an Polizeistaatsmethoden aufgebaut worden ist, so wird hier die Struktur eines faschistischen Staates vorbereitet: totale Überwachung, Außerkraftsetzung der Unschuldsvermutung, Aufhebung der Trennung von Polizei und Geheimdienst, Strafbarkeit von nicht begangenen („geplanten“) Delikten, Polizeiwillkür, Aufweichung des Folterverbots...

Schon Mitte der 90er Jahre sagte der damalige Chefredakteur von „Capital“: „...daß der Faschismus eine Möglichkeit der Politik bleibt, er wird nicht antisemitisch sein und nicht von der Überlegenheit einer Rasse schwärmen, sondern... die Talente verschiedener Zivilisationen nutzen“.

Umberto Eco sagte im vergangenen Jahr auf einer Kundgebung in Italien: „... in allen westlichen Ländern, ob in Amerika oder Europa, gewinnen die Faschisten immer mehr Macht... und verwandeln die Länder in Überwachungs- und Polizeistaaten. Der Faschismus von heute hat äußerlich nichts mit dem aus der Vergangenheit zu tun. Keine Uniformen, Stechschritt und erhobener Gruß. Nein, er ist modern, raffiniert verpackt und wird mit PR verkauft ... aber der Geist der dahinter steckt, die totale Kontrolle und Ausbeutung, die Zensur, die Mediengleichschaltung, die Lügen, der selbstgemachte Terror, der Sicherheitswahn, die Unterdrückung von Andersdenkenden, die Militarisierung der Gesellschaft und die Angriffskriege ... die Resultate sind die selben.“
Die Bezeichnung „Demokratieabbau“ für diese Entwicklung“, wie sie auch in der UZ und auf Plakaten verwendet wird, ist dagegen harmlos – für eine solche „Rechtslage“, wie wir sie heute haben, trifft eher die Charakteristik „Unrechtsstaat“ zu.

Ich halte es auch für notwendig, daß wir uns auch in Strategie-Papieren mehr um die Bekämpfung des Antikommunismus kümmern, d.h. konsequenter der DDR-Hetze entgegentreten und allen Totalitarismus-Doktrinen. Das sollten wir nicht nur aus Gründen der Sozialismuspropaganda tun, sondern auch, um unserer eigenen Glaubwürdigkeit willen sowie zur Vorbeugung eines eventuell drohenden Partei-Verbots. Daß wir als legale Partei handwerkeln dürfen, liegt an unserer Schwäche. Sobald die DKP mehr Einfluß und wirksamen Einfluß bekommt – vor allem in Betrieben – wird die Verbotsfrage und andere Repressalien wieder auf die Tagesordnung kommen. (Wenn wir uns allerdings fröhlich in die verschiedenen gesellschaftlichen Protest-Bewegungen ein- und unterordnen, brauchen wir diese Befürchtung nicht zu haben.)

Das zweite ist die Militarisierung der Gesellschaft und die Gefahr größerer – auch atomarer – Kriege. Daß Deutschland Krieg führt, ist zur Normalität geworden, und das wird durch vielfältige Darstellungen in den Medien, durch Bundeswehrpräsens allerorten verstärkt, und es wird weitgehend geduldet. Die breite Ablehnung des Afghanistan-Krieges erfolgt aus sehr unterschiedlichen Gründen; sie ist dafür kein Gradmesser. Weitere Kriege werden vorbereitet, z.B. gegen den Iran.

In unserem Parteiprogramm (Seite 14) steht: „Das schließt nicht aus, dass in der weiteren Perspektive... auch die Gefahr kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen den imperialistischen Metropolen wieder akut werden kann.“

Der Lissabon-Vertrag ist jetzt in Kraft; wir wissen, daß die EU Weltmacht Nr. 1 werden will; und wer will voraussagen, zu welchen Abenteuern die weltweite Wirtschaftskrise die Herrschenden noch veranlaßt?

Conrad Schuhler stellte in seiner Rede auf dem Kasseler Friedensratschlag fest: ...“ Wenn die (funktionierende und wachsende Weltwirtschaft) in einer Krise zusammenbräche, würde die Gemeinschaft der Eliten von kapitalistischen Hauptländern und –konzernen ebenfalls auseinander fallen. Die jetzige Krise ist noch nicht überwunden, und die nächste kommt bestimmt. Der Wettlauf um knapper werdende Ressourcen und Märkte kann dann durchaus umschlagen in einen „heißen“ großen Krieg.“

Unsere Aufgabe muß sein, die Zusammenhänge des Kapitalismus und die Notwendigkeit einer sozialistischen Gesellschaft aufzuzeigen, verständlich, optimistisch und nachdrücklich und dabei – wie es schon im Manifest heißt: immer und überall die Eigentumsfrage in den Mittelpunkt stellen.
In unserem Programm (Seite 28) heißt es: „Der Sozialismus kann nicht auf dem Weg von Reformen, sondern nur durch tief greifende Umgestaltung und die revolutionäre Überwindung der kapitalistischen Eigentums- und Machtverhältnisse erreicht werden.“

Wenn die DKP sich darauf beschränkt, Forderungen aufzustellen, die in der Bevölkerung verstanden werden, macht sie sich – vielleicht – beliebt, trägt aber nicht zur Entwicklung von Bewußtsein, schon gar nicht von Klassenbewußtsein, bei. – Und darauf kommt es an!

Erika Beltz