Bundeswahlversammlung der DKP

Drucken

eu bundeswahlversammlung 201013 mami 417325.10.2013: Die DKP hat auf ihrer Bundeswahlversammlung am letzten Sonntag die Kandidatinnen und Kandidaten für die Europa-Wahl am 25.Mai 2014 gewählt. 84 Mitglieder waren nach Hannover gekommen, eine Genossin war nicht wahlberechtigt, weil sie nach EU-Wahlrecht keine Unionsbürgerin ist. Auf Platz 1 der Liste wurde die stellvertretende Vorsitzende Nina Hager gewählt. Mit 28% ist die Anzahl der gewählten Genossinnen geringer als die vom Statut vorgegebene Quotierung. Insgesamt sind 36 Kandidatinnen gewählt worden. Es fehlen die Bezirke Nordbayern und Südbayern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Bremen und Schleswig-Holstein, die Bezirke Rheinland-Westfalen und Niedersachsen sind nicht mit KandidatInnen vertreten, die von ihren Bezirken vorgeschlagen wurden.

Vorbereitung, Ablauf und Inhalt dieser Mitgliederversammlung der DKP lassen den Eindruck zu, dass diese Versammlung als reine formale Pflichtveranstaltung zur Aufstellung der Kandidaten geplant war und nicht als eine Wahlkonferenz im Sinne der innerparteilichen Demokratie. Die anwesenden 80 Mitglieder sollten vor allem den formalen Wahlakt vollziehen, eine inhaltliche Diskussion über das Wahlprogramm stand nicht auf der Tagesordnung, es soll vom Parteivorstand im Januar 2014 verabschiedet werden. Und auch eine Personaldiskussion über den Wahlvorschlag und über die Reihenfolge auf der Liste war nicht eingeplant.

In den Mittelpunkt seiner Rede stellte Patrik Köbele, Parteivorsitzender der DKP, das Ja zur Eigenkandidatur der DKP. Weil es für „die derzeit etwas kandidaturentwöhnte Partei“ wichtig sei, „Wahlkämpfe dazu zu nutzen, die Positionen der DKP auf die Straße zu tragen und um deren Stärkung zu ringen“. „Manchmal müssen wir der Hund sein, den man zum Jagen trägt, und dann müssen wir uns auch noch selber tragen.“. Die Mehrheit der Anwesenden nahm dieses Argument auf, nur wenige wiesen daraufhin, dass es nicht nur darauf ankomme, dass die DKP im Wahlkampf auf die Wähler zugehe, sondern dass auch eine politische Aussage und ein Wahlprogramm dazu gehört, vor allem wenn die Aktivitäten zur Europa-Wahl und die vielen Kommunalwahlkämpfe im nächsten Jahr und die Betriebsratswahlen als Einheit gesehen werden sollen.

Ein politisches Eingreifen der Partei in den Wahlkampf setzt nicht notwendigerweise eine Eigenkandidatur voraus, sondern vor allem eine politische Orientierung, die es der DKP ermöglicht, das umzusetzen, was sie in ihrem Parteiprogramm formuliert hat: „Die weitere Entwicklung der Europäischen Union wird davon abhängen, inwieweit es der gewerkschaftlichen und politischen Arbeiterbewegung, der globalisierungskritischen Bewegung, den demokratischen Kräften gelingt, im gemeinsamen Handeln die Beherrschung der EU-Institutionen durch das Monopolkapital einzuschränken, diese Institutionen zu demokratisieren und selbst Einfluss auf deren Entscheidungen zu gewinnen.“ Das Wahlprogramm ist aber erst Ende September vom PV als Entwurf verabschiedet worden. Der Autor, Hans-Peter Brenner, war auf der Versammlung nicht anwesend. Dafür gab Patrik Köbele in seinem Einleitungsreferat eine Interpretation des Programmentwurfs, die an die ideologischen Auseinandersetzungen innerhalb der DKP in Vorbereitung auf die EU-Wahlen 2009 erinnerte.

Seine Aussage, „die EU ist ein imperialistisches Staatenbündnis und deshalb an sich nicht progressiv reformierbar“, veranlasste Willi Gerns, diese Aussage zurückzuweisen.
„Was mich bewegt, nun doch etwas zu sagen, das ist die Formulierung, die EU ist prinzipiell nicht reformierbar. Und diese Formulierung erscheint auch im Entwurf für das Wahlprogramm. Diese Formulierung irritiert mich, und ist meiner Meinung nach zu hinterfragen und zu präzisieren. Es muss geklärt werden, was verstehen wir darunter. Verstehen wir darunter, die EU ist durch Reformen nicht zu einem sozialistischen Staatenbündnis zu machen, so stimmt das. Aber, verstehen wir darunter, nicht reformierbar bedeutet, dort ist es unmöglich, Reformen durchzusetzen, dann habe ich Bedenken.“

Und er machte dies an der strategischen Orientierung des Parteiprogramms deutlich. „Und da stellt sich mir dann die Frage, im Parteiprogramm sprechen wir nicht davon, die BRD ist nicht reformierbar. Was ist das prinzipiell andere bei der EU, dass wir hier feststellen, die EU ist nicht reformierbar. Es ist doch die EU, in der dieses imperialistische Deutschland tonangebend ist. Wieso soll da nicht das, was wir für unser Land im Parteiprogramm schreiben, nicht auch unsere Richtschnur im Kampf in der EU sein? Dafür zu kämpfen, alles abzuwehren, was da an reaktionären Dingen auf uns zu kommt, und in diesem Verteidigungskampf Kräfte zu sammeln für gewisse soziale und demokratische Schritte nach vorn. Ob wir die gehen können oder nicht, das wird auch hier von der Veränderung des Kräfteverhältnisses abhängig sein werden.“ Er beendete seinen Beitrag mit dem Hinweis: „Und in sofern meine ich, sollten wir darüber noch einmal nachdenken, ob wir das so apodiktisch formulieren, sie ist nicht reformierbar, sondern deutlicher machen, was wir darunter verstehen. Dann wird uns auch niemand sagen können, mit dieser Orientierung bewegt ihr Euch vom Parteiprogramm weg“.

Michael Maercks wies daraufhin, dass 2009 die Berliner Landesorganisation das beschlossene Wahlprogramm der DKP abgelehnt hatte und  mit einem eigenen Wahlprogramm den Wahlkampf bestritt. Kernaussage war im Berliner Wahlaufruf: „Die EU kann nicht reformiert werden – sie kann nur bekämpft werden“. Aus dieser Losung wurde in den Materialien von Berlin die Losung „Raus aus der EU“ als strategische Orientierung abgeleitet. Er wies daraufhin, dass sich die DKP entscheiden müsse, ob sie mit den anderen gesellschaftlichen Kräften für ein „Alternatives Europa“ kämpfen wolle, oder ob sie in den Chor derer einstimme, die das „Nein zu Europa“ als Wahlprogramm haben. Er kritisierte scharf die Orientierung, Protestwähler der AfD gewinnen zu wollen. In seinem Refarat hatte Patrik Köbele gesagt, „diesem Potential muss eine fortschrittliche Heimat auch auf dem Wahlzettel gegeben werden“.

Klaus Stein, Bezirksvorsitzender von Rheinland-Westfalen, bemängelte, dass hauptsächlich darüber diskutiert werde, „ob und warum wir kandidieren, mit Argumenten taktischer Natur, die eigentlich untergeordnet sind“. Der wirkliche Streitpunkt seien die strategischen Fragen, wie sie Willi Gerns aufgeworfen habe. „Und ich will es noch viel krasser sagen: Die Aussage, die EU ist nicht reformierbar, ist eine Dummheit.“ Er war einer der wenigen, die dann konkrete Vorschläge entwickelten, wie eine Verknüpfung kommunaler Probleme mit denen der EU hergestellt werden könne.

Der Wahlvorgang zum Schluss war eine Farce. Es gab keine Wahlordnung und keine Vorstellung der Kandidat_Innen. Es gab keine Möglichkeit einer Personaldiskussion. Es gab keine Begründung für die Reihenfolge der Listenplätze und es wurde auch nicht über das Wahlverfahren abgestimmt. Ein formaler Akt eben, um ein Wahlprotokoll beim Bundeswahlleiter einreichen zu können.

Im Schlusswort bemerkte Patrik Köbele: „Wir sind auf dem Weg, dass unsere Partei bei einer zentralen Wahl mal wieder auf dem Wahlzettel anzukreuzen ist und auf der Straße sein wird, ein Stück vorwärts gekommen.“ Das „Stück“ wird von den Teilnehmern unterschiedlich interpretiert werden. Bleibt noch sein Hinweis, „dass in der Partei die Diskussion auch zu strittigen Fragen weitergeht, und die kann man an diesem Dokument natürlich weiterführen. Und dann ist es auch ein demokratischer Prozess, wenn wir sagen, wir wollen die Änderungswünsche und Anträge von Gruppen und Gliederungen bis Anfang Januar haben, und dann werden sie auf einer PV-Tagung Ende Januar entschieden und dann haben wir ein beschlossenes Programm“.

Text/Foto: Michael Maercks