Erklärung von Christian Koberg zu seinem Rücktritt als Sprecher der DKP in Schleswig-Holstein

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Wir dokumentieren die Erklärung von Christian Koberg:

Liebe Genossinnen und Genossen,

wie bereits auf der Bezirksmitgliederversammlung angekündigt, erkläre ich hiermit meinen Rücktritt von den Funktionen als Sprecher und Bezirkskassierer der DKP in Schleswig-Holstein.

Ich bin 1962 in die illegale Kommunistische Partei Deutschlands eingetreten, habe sehr aktiv in diesem Zeitraum Bündnisarbeit geleistet und war 1968 aktiv an der Neukonstituierung und Entwicklung der DKP und der Gründung der SDAJ beteiligt. Bin also 64 Jahre Mitglied der kommunistischen Bewegung, in der ich immer Funktionen auf den unterschiedlichsten Ebenen wahrgenommen habe und versucht habe, sie so gut wie möglich zu realisieren. Deshalb fällt mir dieser Schritt nicht leicht ist aber aus meiner Sicht notwendig.

Für diesen Schritt gibt es zwei wichtige Gründe.

Die Beschlüsse der 6. PV-Tagung zum Umgang mit anderen Auffassungen, deren Beendung „per Dekret“ und nicht im offenen Meinungsaustausch haben meine Entscheidung mit beeinflusst.

Zum 1. Punkt: Ich bin Kommunist geworden über das Zusammenwirken vieler älterer Genossinnen und Genossen und habe viel gelernt. Während der Illegalität war ich mit verantwortlich beim Organisieren der Ostermärsche im Norden, der Anti-Notstandsbewegung sowie auch der Antikriegsbewegung gegen den Vietnamkrieg beteiligt. Nach der Konstituierung habe ich immer aktiv Bündnisarbeit gemacht. Mein Schwerpunkt lag allerdings in der Aktionseinheitspolitik. Ich bin genauso lange Mitglied der Gewerkschaft wie der kommunistischen Bewegung. Die DKP und auch ich haben viele Höhen und Tiefen nach der Konstituierung durchgemacht. Ich habe zu allen Beschlüssen gestanden und sie auch offensiv vertreten. Ich habe mich eingemischt in die Auseinandersetzungen der Erneuerungsbewegung und nach dem Zusammenbruch und der Zerschlagung des realen Sozialismus in Europa, für den Erhalt und die weitere Arbeit der Partei gekämpft. Dazu gehören die Presefeste seit 1993, von denen ich 10 als verantwortlicher Leiter mit einem aktiven Kollekttiv organisierte, Die Solidarirät mit dem sozialistischem Kuba, wo die DKP grosses geleistet hat, gehören auch dazu. Gerade die Entwicklungen 1989/90 und die vielen Diskussionen, über Programm und Statutdie wir alle geführt haben über Ursachen und Schlussfolgerungen, werden heute in vielen Fällen ignoriert. So u. a.:

Das sind einige der Dinge. All die Diskussionen, die wir seit 1990 in der DKP, in vielen Foren, Workshops und anderen Veranstaltungen geführt haben, spielen heute in der Partei keine große Rolle mehr. Ich halte das für falsch, weil sich daraus ergibt, dass wir nicht bereit sind, aus der Geschichte wirklich zu lernen. Die Ergebnisse unserer Diskussionen sind nach fast fünfzehn Jahren in die Beschlussfassung des Parteiprogramms der DKP und dem Statut von 2000 eingeflossen. Dokumente, die ich nach wie vor für richtig halte und auch dafür werbe, damit zu arbeiten. Diese Ergebnisse und das Programm spiegeln sich in der aktuellen Politik der DKP nicht wider. Das macht mich auch traurig, weil viele Genossinnen und Genossen, die heute in der Partei zum Teil als „Nestbeschmutzer“ abgetan werden, dafür sehr, sehr lange und sehr intensiv gekämpft haben.

Ich habe mich in meiner Funktionärstätigkeit hier in Schleswig-Holstein, aber nicht nur dort, immer eingesetzt, mit den Genossinnen und Genossen in der Partei zu arbeiten und an die Entwicklung und Geschichte auch in unserem Lande zu erinnern, denn wer die Geschichte nicht kennt, kann die Zukunft nicht meistern.

Ich werde in der Partei für eine andere Entwicklungsrichtung kämpfen, gemeinsam mit vielen Genossinnen und Genossen, die das auch so sehen. Ich möchte diese Diskussion sachlich und ohne Emotionen führen. Das ist nur möglich, wenn politische Angebote zur Diskussion wahrgenommen werden und auch ehrlich und offen um Veränderungen und Verbesserungen, um gemeinsames Handeln gekämpft wird.

Was die weitere Arbeit im Bezirk betrifft, so bin ich bereit, bis zu einer außerordentlichen Bezirkskonferenz die Aufgaben kommissarisch weiterzumachen, jedoch nicht bereit, die Bundestagswahlen zu organisieren, da ich dagegen gestimmt hätte, wenn ich noch auf der BMV gewesen wäre, weil ich es politisch für falsch halte.

Zum zweiten: Wie bereits deutlich gemacht, habe ich immer meine ganze Kraft für die Partei und unsere gemeinsame Sache eingesetzt. Ich habe durch die Partei unendlich viel gelernt, politische Erfahrungen gesammelt und mich auch menschlich weiterentwickelt. Ich habe viele Genossinnen und Genossen nicht nur aus unserer Partei, sondern auch aus anderen Parteien kennengelernt und erinnere mich gerne an diese Gespräche. All das, was ich gemacht habe, ging manchmal über meine Kraft und Möglichkeiten, die ich hatte. Ich wollte meinen Beitrag zur Weiterentwicklung der Kommunistischen Partei und der Stärkung ihrer Kraft leisten. Deshalb bereue ich keinen Schritt, den ich gemeinsam mit vielen tollen Genossinnen und Genossen gegangen bin. Trotzdem reicht meine Kraft nicht mehr aus. Ich kann die Arbeit nicht mehr so führen, wie es notwendig ist. Ich muss deshalb die Konsequenz ziehen, mich zurückzunehmen und die Dinge noch zu leisten, die auch Spaß machen und Kraft bringen. . Ich bin Mitglied dieser Partei, bin in ihr groß geworden, sie hat mich geformt, und dafür bin ich dankbar. Ich werde weiterhin als Kommunist meine Gewerkschaftsarbeit leisten und überall dort, wo es notwendig ich, auch mit anderen Menschen kämpfen für eine andere Entwicklungsrichtung, denn auch meiner Sicht bleibt es, wie wir es in der Programmdiskussion formuliert haben, „Sozial is‘ muss“ – es ist Voraussetzung für wirkliche Veränderungen in diesem imperialistischen System.

Zum Schluss danke ich allen Genossinnen und Genossen, die meinen Weg begleitet haben. Ich hoffe, dass wir weiterhin solidarische zusammen kämpfen können.

Christian Koberg, 1.12.2016