Nach dem Parteitag - Erste kurze Betrachtung zu Fragen der Betriebs- und Gewerkschaftspolitik

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volker metzroth PT20 229428.05.2013: Die Befürchtung, dass sich die DKP zumindest sukzessive von ihrem bisherigen Verhältnis zur Einheitsgewerkschaft verabschiedet, wird auch schon mal als "herbeibeschworene Schimäre" abgetan (Artikel von Olaf Harms in der UZ, Zeitung der DKP). Schön, wenn dem so wäre, aber der 3. Tag des 20. Parteitags hat entsprechende Befürchtungen nicht wirklich zerstreut.

Seit Februar gab es Diskussionen um einen Antrag, den Satz "Wir verteidigen die Einheitsgewerkschaft gegen jeden Versuch der Spaltung" im Leitantrag des Parteivorstands zu ersetzen durch "Wir verteidigen das Prinzip der Einheitsgewerkschaft und unterstützen die klassenkämpferischen Kräfte innerhalb der DGB-Gewerkschaften". Die Antragsberatungskommission (ABK) plädierte für die Beibehaltung der ursprünglichen Aussage, ebenso Teile der neuen Parteiführung, die bisherige als Antragsteller sowieso.

Zu denken gibt aber, dass gerade mal 74 von 135 anwesenden Delegierten, das sind mal knapp 55%, dem folgten. Der Redebeitrag eines jüngeren Genossen gegen die Empfehlung der ABK mit Hinweis auf das Treffen Sommer / de Maizière und den jüngsten Abschluss in der Metall- und Elektroindustrie warf unter nicht wenig Beifall sinngemäß die Frage auf, ob man denn nicht mehr kritisieren dürfe. In der dazu eigentlich notwendigen Debatte hätte geklärt werden müssen, ob die Kommunistinnen und Kommunisten in diesem Land ein grundsätzliches Verhältnis zur Einheitsgewerkschaft haben, sie nach wir vor als größte Errungenschaft der (west-)deutschen Arbeiterklasse nach dem Faschismus betrachten. Die Frage der Kritik ist in der Praxis beantwortet mit kritischen Stellungnahmen, UZ-Artikeln, hoffentlich auch mit Wortmeldungen der Genossinnen und Genossen in ihren Gewerkschaften, zu den o.g. Themen wie auch zu anderen.

Wurde hier knapp die bisherige Programmatik verteidigt, so geschah das an anderer Stelle nicht mehr. Im Berlin-Brenner-Papier, das als 'Änderungsantrag' am ersten Tag des 20. PT. eingereicht wurde und letztlich große Teile des von der Partei breit diskutierten Leitantrages samt der zahlreichen Änderungsanträge ersetzte, sind zumindest Abstriche von der bisherigen Programmatik erkennbar. Während die ABK in ihrem Vorschlag analog zum Programm von den Gewerkschaften als "umfassendste Organisation der Arbeiterklasse" sprach, ist jetzt nur noch von "an den Klasseninteressen orientierten Massenorganisationen" die Rede.

Während das Programm sagt, wofür KommunistInnen kämpfen - nämlich für Gewerkschaften als eine autonome Interessenvertretung und als politisch aktiven Teil einer Massenbewegung gegen Erwerbslosigkeit und neoliberale Zerstörung - ist im jetzigen Beschluss die Rede davon, wogegen sie sich in den Gewerkschaften zu wenden hätten. Wenn jene, die nach dem 19. PT ständig dessen Geist beschworen, nach dem 20. nichts mehr von diesem "Geist" hören mögen, dann sei es anders ausgedrückt: hier sind klare Tendenzen hin zu einen mehr taktischen als einem grundsätzlichen Verhältnis zur Einheitsgewerkschaft erkennbar geworden.

Sowohl den Genossinnen und Genossen der KPD (vor und nach 1956) als auch denen der DKP wehte in den 50er bis 90er Jahren oft ein viel schärferer antikommunistischer Wind in den Gewerkschaften entgegen als das heute der Fall ist, wo z.B. deren Instrumentalisierung im Sinne von SPD-Parteipolitik  längst nicht mehr das früher übliche Ausmaß hat. Die Spielräume für linke Politik sind gewachsen, nicht gewachsen ist aber die Zahl jener in den Gewerkschaften, die diese auch nutzen. Weitgehend marginalisiert sind immer noch linke und fortschrittliche Massenbewegungen, von der Friedensbewegung bis hin zu sozialen Bewegungen, wenn auch Tiefstpunkte der 90er Jahre überwunden sind.

Ob die für Herbst geplante Theoretische Konferenz der DKP zur Gewerkschaftspolitik im Sinne unseres Programms die Pflöcke wieder zurechtrücken wird oder bisherige Standpunkte weiter erodieren, wird auch davon abhängen, ob Genossinnen und Genossen, die als aktive Gewerkschafter, Betriebs- und Personalräte sowie als Jugendvertreter tätig sind, sich dort und überall in der Partei stärker in die Diskussion einbringen als bisher.

Text: Volker Metzroth