Will da wer eine Mauer bauen? (Herbert Steeg)

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Die Störung des Verhältnisses zwischen Subjektivem und Objektivem bildet, allgemein gesprochen, die Grundquelle des Komischen wie des Tragischen. Menschen und Parteien sind heroisch oder lächerlich nicht an und für sich, sondern in ihrem Verhältnis zu den Umständen. So kommt es auch, dass die hoch klingenden Worte des 84er-Papiers unwillkürlich zum Witz geraten. Bereits die Überschrift ist köstlich. Da hat die DKP gerade von der arbeitenden Klasse bei der Wahl schallend bestätigt bekommen, dass diese überhaupt nicht bereit ist, den Vorschlägen der Partei zu folgen, ja, nicht nicht mal sie wahrzunehmen, trotzdem will man die Klasse „gegen den Kapitalismus und für den Sozialismus mobilisieren“. Ich spare es mir, alle Perlen dieser Art hier aufzureihen. Nur eine besonders herrliche sei noch erwähnt: Das „Sofortprogramm“. Da werden Forderungen zusammengeschrieben, deren Erfüllung nichts weniger bedeuten würde als ein Zurückdrehen der Entwicklung des Kapitalismus um 35 bis 40 Jahre, und diese Illusion benennt man dann „Abwehrkampf“. Doch selbst da wird noch ein delikates Sahnehäubchen draufgesetzt, indem man am Ende „transformatorisch wirkenden Reformen“ eine Absage erteilt. Wenn das nicht unfreiwilliges Kabarett vom feinsten ist.

Eine weitere Quelle des Humorigen ist die Unklarheit von Begriffen. Etwa wenn mit Bank, der eine die Sitzgelegenheit im Park und der andere die Sparkasse meint. Ein politisches Paradebeispiel ist hierfür der Begriff „Finanzkapital“. Bei Keynes sind „Finanzkapital“ und „Industriekapital“ die beiden Sphären der Wirtschaft, wobei er in beiden Werterzeugung behauptet. Wo das 84er-Papier von „Extraprofiten im Kreislauf der Geld- und Finanzsphäre“ redet, reproduziert es so keynesianisches Denken. Bei Marx und Engels gibt es den Begriff „Finanzkapital“ nicht, er passt auch nicht in ihre ökonomischen Vorstellungen. Bei Hilferding und Lenin wird unter „Finanzkapital“ eine soziologische Kategorie verstanden, eine Gruppe von Menschen die gleichzeitig Produzenten und Kredithändler sind. In Übereinstimmung sind die beiden Begriffe nicht zu bringen. Und so verwirrt sich die Debatte.

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