Italien: Schlagstöcke gegen streikende Stahlarbeiter

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Terni AST Demo Controlacrisi31.10.2014:  Die Stahlarbeiter des Edelstahlwerks AST im italienischen Terni sind bereits im Juli 2014 in den Streik getreten, als Gegenwehr zu der anstehenden massenhaften Vernichtung von Arbeitsplätzen. Das Werk gehört dem ThyssenKrupp-Konzern. Dieser will 550 Arbeitsplätze vernichten - das ist ein Fünftel aller Stellen - und jährlich 100 Millionen Euro mehr aus der restlichen Belegschaft herauspressen. Wie auch in Deutschland schlagen Polizeibeamte kräftig zu, wenn es um die Rechte der ArbeiterInnen geht - gegen die Gewalttäter von Rechts sind sie dann aber plötzlich ganz hilflos (wie in Köln gesehen...)!

 

In der italienischen Online-Tageszeitung „Controlacrisi“erschien dazu folgender Bericht:

29/10/2014: Die Arbeiter der AST („Acciai Speciali Terni SpA“, „Spezialstahl Terni AG“) protestieren, die Polizei fährt schwere Geschütze auf. Landini von der italienischen Metallgewerkschaft: „Es wurde ohne Grund geschlagen.“ Partei Rifondazione Comunista: „Die Regierung schlägt zu, anstatt Antworten zu geben“

Ein Großaufgebot der Polizei vor der Deutschen Botschaft gegen die ArbeiterInnen der AST und die zuständigen Gewerkschafter, in „Verteidigung“ des Unternehmens AST. Die Beschäftigten, unzufrieden mit den Ergebnissen des Treffens mit den Botschaftsangehörigen, die keinerlei konkrete Maßnahmen zugesagt hatten, waren vor das Ministerium gezogen, wo gerade eine Sitzung zu dem Rechtsstreit um die AST stattfand.

Aber nach wenigen Metern verstellte die Polizei ihnen den Weg und ging zu einem massiven Einsatz über. Die Schläge trafen mehrere ArbeiterInnen, die in der ersten Reihe standen - dabei waren auch führende Gewerkschafter wie Maurizio Landini (Metallergewerkschaft FIOM) und Parlamentarier wie Giorgio Airaudo (für die Linke Partei SEL im Parlament).

Am schlimmsten traf es Gianni Venturi, den Vorsitzenden der Metallgewerkschaft Italiens, der am Kopf getroffen wurde und sich daraufhin auf dem Boden wälzte. Er wurde mit dem Krankenwagen fortgefahren. Auch Rosario Rappa (ebenfalls von der Metallgewerkschaft) wurde verletzt.

Hier der Augenzeugenbericht eines Arbeiters: „Wir standen vor der Botschaft, die Polizei dachte, wir wollten hineingehen. Sie haben angefangen, überall hinzuschlagen, wir können die Zahl der Verletzten gar nicht nennen, die haben niemandem ins Gesicht geblickt. Wir haben einige Leute mit blutendem Kopf gesehen, niemand hat mehr verstanden, was los ist. Wir haben noch nie Gewalt ausgeübt, es hätte genügt uns zu sagen, dass wir anhalten sollen. Wir sind gerade dabei, unsere Arbeit zu verlieren, wir sind keine Verbrecher!“ sagte er.

Nach dem Polizeieinsatz gingen die Arbeiter, allen voraus der führende Gewerkschaftsfunktionär der FIOM, Landini, direkt zum Ministerium für Wirtschaftliche Entwicklung, wo um ca. 14:00 Uhr eine Delegation von Arbeitern von den Regierungsvertretern empfangen werden sollte. Die Arbeiter riefen bei dem Protestzug zu Ministerium immer wieder „Hände weg von den Arbeitern!“. Die Atmosphäre war immer noch angespannt, aber die Lage hatte sich im Vergleich zu den sich kurz zuvor abgespielten Szenen auf dem Unabhängigkeitsplatz weitgehend beruhigt.

„Ich möchte die Arbeiter und Gewerkschaftsführer, die von der Polizei angegriffen worden sind, umarmen und ihnen meine Solidarität aussprechen“ sagte  die Generalsekretärin der CGIL, Susanna Camusso, über die Demonstration der AST-Arbeiter von Terni.

Paolo Ferrero, Vorsitzender der Rifondazione Comunista und Roberto Fantozzi, zuständig auf nationaler Ebene für Arbeit, erklärten: „Das gewaltsame Vorgehen der Polizei gegen die ArbeiterInnen von Terni und ihre Gewerkschaftsfunktionäre ist beispiellos. Man hat sie geschlagen, weil sie sich nach einer Kundgebung vor der Deutschen Botschaft zum Ministerium begeben wollten. Die Regierung Renzi, anstatt sich für die Rettung der Stahlstandorte einzusetzen, um die Vernichtung von Arbeitslätzen in einer ganzen Region zu verhindern, lässt Arbeiter und Gewerkschafter verprügeln. Diese Regierung greift die Rechte der Arbeiter und Arbeiterinnen an - das heißt gewerkschaftliche Rechte und das Demonstrationsrecht - wie das noch nie zuvor in unserer jüngeren Geschichte der Fall war. Es ist stattdessen wie eine  Episode aus der dunkelsten Zeit unserer Geschichte, unvereinbar mit der Demokratie in unserem Land. Wir sind der Ansicht, dass den geschlagenen Arbeitern und Gewerkschaftern die volle Unterstützung derjenigen zukommen muss, denen die Rechte der Arbeiter und die Demokratie am Herzen liegen.“

Übersetzung: Bettina Mandellaub   Foto: Controlacrisi