Zypern: AKEL verteidigt soziale und Arbeiterrechte gegen Mechanismen des Euro-Rettungsschirms

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30.07.2012: Vor einigen Tagen sind die Vertreter der Troika wieder nach Zypern aufgebrochen, um ihre Kontrollen und Verhandlungen mit der Regierung fortzusetzen. Vor einem Monat hatte Zypern für seine maroden Banken Hilfsgelder aus dem Euro-Rettungsfonds beantragt. Die Finanzhilfe werde im Rahmen eines "umfassenden Reformprogramms" gewährt, hieß es von der Euro-Gruppe, die sich dabei auf die Empfehlungen der EU-Kommission berief. Die EU-Kommission hatte Zypern bereits Ende Mai aufgefordert, das Haushaltsdefizit zu reduzieren und die Banken stärker zu beaufsichtigen. Zudem verlangt Brüssel Reformen bei den Renten, im Gesundheitswesen und am Arbeitsmarkt. Demgegenüber hatte der Generalsekretär der Regierungspartei AKEL, Andros Kyprianou, nach dem ersten Treffen mit der Troika erklärt, dass die "Unterstützungsmechanismen" des Rettungsschirms vermieden werden müssen und die niedrigen und mittleren Einkommensgruppen eben so wenig Opfer der Krise werden dürfen wie die sozialen und Arbeiterrechte.

Zypern im Strudel Griechenlands
Ende Juni, wenige Tage vor der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft, musste Zypern unter den Euro-Rettungsschirm fliehen - als mittlerweile fünftes Euro-Land. Das Land wird von Griechenland in den wirtschaftlichen Abwärtsstrudel gezogen, denn die Volkswirtschaften der beiden Nachbarländer sind eng verflochten. Rund ein Fünftel der zyprischen Exporte geht nach Griechenland. In der Folge wird Zyperns Wirtschaft dieses Jahr um 1,1 Prozent schrumpfen. Ein weiteres Problem ist die Energieversorgung, die nach der Explosion des zentralen Kraftwerks vor einem Jahr noch nicht wieder voll hergestellt ist.

marode Banken
Das Hauptproblem liegt jedoch bei den Banken in Zypern. Diese haben sich mit einem Volumen, das dem 2,5-fachen der Jahreswirtschaftsleistung der Insel entspricht, stark in Griechenland engagiert. Der Schuldenschnitt in Griechenland traf sie deshalb besonders hart. Von den 4,7 Milliarden Euro, die sie als griechische Staatsanleihen in den Büchern stehen hatten, mussten sie 3,5 Milliarden abschreiben. Die Summe entspricht einem Fünftel des zyprischen Bruttoinlandsprodukts. Die daraufhin notwendige Rekapitalisierung der Banken zwingt Zypern jetzt unter den Euro-Rettungsschirm.

Politik gegen den neoliberalen Mainstream
Dabei hatte es Zyperns Linksregierung bisher geschafft, negative Auswirkungen der kapitalistischen Krise auf die niedrigen und mittleren Einkommensklassen zu vermeiden. Zum Einen wurden die Sektoren der "realen" Wirtschaft, insbesondere die kleinen und mittleren Betriebe, durch staatliche Maßnahmen gestärkt; zum Anderen wurden entgegen der neoliberalen Doktrin der EU in Zypern die Löhne, Renten und sozialen Leistungen erhöht, um die Binnennachfrage zu stärken und das Lebensniveau zu erhöhen. Seit 2009 wurden der Tourismusbereich und die Bauwirtschaft mit 500 Mio. Euro gefördert; 300 Mio. wurden in die Entwicklung des Landes investiert; mit 200 Mio. wurde die halbstaatliche Wohnungsfinanzierungsgesellschaft bezuschusst, damit junge Paare günstige Kredite für ihre erste Wohnung bekommen können; Klein- und Mittelbetriebe wurden mit einem 300 Mio. Kredit der Europäischen Investitionsbank unterstützt und mit 3 Mrd. Euro für das Kreditwesen wurden die Zinssätze niedrig gehalten. Soziale Leistungen wurden insgesamt um 30 Prozent erhöht.
Dies führte dazu, dass Zypern im Jahr 2010 entgegen dem EU-Trend noch eine positive Wachstumsrate aufwies. Im November 2010 begannen die Ratingagenturen allerdings Zypern abzustufen; die griechische Wirtschaft stürzte ab und es zeichnete sich der Ausfall der griechischen Staatsanleihen ab.

2011 erste Antikrisenmaßnahmen
Dem begegnete die Regierung von Ministerpräsident Dimitris Christofias mit zwei Maßnahmepaketen, zur - wie AKEL erklärte - "Durchführung ausgewogener und sozial gerechter Maßnahmen, um Entwicklung und Wachstum zu fördern, verschiedene Verzerrungen in den öffentlichen Finanzen abzuschaffen und vor allem, dass die verschiedenen sozialen Klassen entsprechend ihren Möglichkeiten beitragen". So wurde neben der Abschaffung von Mehrfach-Pensionen und dem 3prozentigen Aufschlag auf die Renten im öffentlichen Dienst auch die Einkommensteuer für hohe Einkommen und die Steuer auf Zinseinnahmen erhöht. Von der EU geforderte Maßnahmen wie das Einfrieren der Gehälter wurden von der Regierung und AKEL strikt zurückgewiesen. Stattdessen wurden "zusätzliche Maßnahmen für den Beitrag des akkumulierten Reichtums und der großen Profite" zur Bekämpfung der Krisenauswirkungen angekündigt. Anstatt auf den Finanzmärkten oder beim ESFS Kredit aufzunehmen, bemühte sich die Regierung um alternative Finanzierungsmöglichkeiten. Zypern lieh sich zu "günstigen Konditionen" 2,5 Mrd. Euro von Russland.
Zu diesem Einschnitt in der bisherigen Politik erklärt Andros Kyprianou: "Wir mussten uns von unserer traditionellen Position zurückziehen, um einen breiteren politischen und gesellschaftlichen Konsens zu gewinnen, und um den Unterstützungsmechanismus zu vermeiden."

Zuflucht beim Euro-Rettungsschirm
Zwar gaben diese Maßnahmen der zyprischen Wirtschaft einen positiven Impuls. Aber der "haircut" der griechischen Schulden Ende 2011 führte die zyprischen Banken an den Rand des Ruins und die zyprische Wirtschaft in die Abwärtsspirale, so dass der Unterstützungsantrag beim Euro-Rettungsfonds schließlich doch noch unausweichlich wurde.

Kyprianou erklärte nach dem ersten Treffen mit der Troika, dass die Finanzdaten der zyprischen Wirtschaft eigentlich nicht erfordern, beim Unterstützungsmechanismus Zuflucht suchen zu müssen. Die öffentliche Verschuldung liegt mit einer Neuverschuldung von 2,5% und einer Gesamtverschuldung von 71% des BIP deutlich unter dem Durchschnitt der Eurozone mit 92%. Zypern sei in einer zu Irland vergleichbaren Position, meint Kyprianou. Irland galt als Musterwirtschaft mit Handelsüberschuss und einer öffentlichen Verschuldung von lediglich 25%. Aber die Probleme im Bankensektor zwangen Irland in den Euro-Unterstützungsmechanismus und zu schmerzvollen Maßnahmen gegen die irische Bevölkerung. "Zyperns Zuflucht beim Unterstützungsmechanismus war unvermeidbar, nicht weil wir nicht versucht hätten ihn zu vermeiden, sondern weil wir durch die gewaltigen Probleme die durch die zyprischen Banken wegen der griechischen Staatsanleihen und durch die griechische Wirtschaft allgemein entstanden sind, gezwungen wurden", sagte der AKEL-Generalsekretär.

AKEL ziehe Lehren aus Griechenland, sagte Kyprianou, und werde deshalb dafür kämpfen, dass unter den bevorstehenden Maßnahmen nicht die Schichten mit den kleinen und mittleren Einkommen zu leiden haben, und dass die sozialen und Arbeiterrechte, die in Jahrzehnten durch Kämpfe errungenen wurden und zu Wachstum und so zur Verminderung der Arbeitslosigkeit führen, nicht bedroht werden.

txt: lm
foto: AKEL



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AKEL