Frankreich: Regierung macht Zugeständnisse

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FR Jugendproteste pcf13.04.2016: Die aktive Teilnahme vieler französischer Jugendlicher an den gemeinsamen Aktionstagen mit den Gewerkschaften gegen das „Arbeitsgesetz“ hat zu ersten Konzessionen der Regierung geführt. Premier Valls macht bei einem Treffen mit Jugendverbänden Zugeständnisse - aber die Mobilisierung gegen das „Arbeitsgesetz“ wird beibehalten.

Premierminister Manuel Valls hatte am 11. April die Vertreter von acht Jugendverbänden zu sich eingeladen, um ihnen eine Reihe von staatliche Verbesserungsmaßnahmen für Probleme beim Übergang ins Berufsleben nach abgeschlossenem Studium sowie bessere Weiterbildungsmöglichkeiten nach dem ersten Studienabschluss und eine gewisse Erhöhung von Schülerstipendien und Lehrlingsvergütungen anzukündigen.

Zu den Eingeladenen gehörten der allgemeine nationale Studentenverband UNEF sowie die Schülerorganisationen UNL und FIDL, die Teil der „Intersyndicale“, das heißt des Bündnisses mit den Gewerkschaften der Arbeiter und Angestellten sind, das die bisherigen drei landesweiten Aktionstage am 9. März, 31. März und 9. April mit in die Hundertausende gehenden Teilnahmerzahlen organisiert hat.
Zu den wichtigsten Zugeständnissen, die der Regierungschef den Jugendverbänden zu verkünden hatte, gehört die Zusage, bei der Suche nach einer Ersteinstellung für junge Leute, die ihr Studium mit einem Diplom abgeschlossen haben, stärkere Hilfestellung zu leisten. Für alle, die nicht sofort eine Anstellung finden, soll ab Herbst 2016 nach Erhalt des Diploms das bisherige Stipendium vier Monate lang weiterbezahlt werden. Allerdings gilt dies nur für junge Menschen „aus bescheidenden Verhältnissen“, die bisher schon Anspruch auf ein Stipendium hatten.

Außerdem verkündete der Premierminister, dass geplant wird, die Einstellung von jungen Menschen nach dem Studienabschluss in befristete Arbeitsverhältnisse durch höhere Sozialabgaben für die einstellenden Unternehmen zu belasten. Damit soll die Einstellung in unbefristete Arbeitsverhältnisse gefördert werden. Gegenwärtig bekommen nämlich nach offiziellen Angaben etwa 87 Prozent aller Neueingestellten nur ein befristetes Arbeitsverhältnis. Dafür sollen die Unternehmen künftig einen höheren Unternehmerbeitrag in die Arbeitslosenversicherung als für unbefristete Arbeitsverhältnisse zahlen müssen.

Darüber hinaus sollen die Schülerstipendien für Jugendliche aus „bescheidenen Verhältnissen“ um etwa 10 Prozent angehoben werden. Ebenso sollen die niedrigsten Lehrlingsvergütungen für Jugendliche unter 20 Jahren um etwa 300 – 400 € im Jahr (also etwa 25 – 30 €/Monat) erhöht werden. Ferner kündigte Valls die Verbesserung der Weiterbildungsmöglichkeiten nach dem ersten Studienabschluss durch die Schaffung mehrerer tausend zusätzlicher Plätze bei den Instituten für Technologie der Universitäten an. Insgesamt sollen die von Valls angekündigten Maßnahmen etwa 400 – 500 Millionen € Mehrkosten im Staatshaushalt verursachen.

Valls hatte Wert darauf gelegt, seinen jugendlichen Gesprächspartnern zu versichern, dass es ihm mit diesen Ankündigungen nicht darum gehe, den Protest zu ersticken, sondern auf tiefgehende Besorgnisse zu reagieren, die „eine Antwort auf Dauer erfordern“.

Genau dies scheinen ihm die Vertreter der Jugendorganisationen allerdings nicht ganz abgenommen zu haben. Jedenfalls machte William Martinet, der Vorsitzende des Studentenverbands UNEF deutlich, dass er die Regierungszusagen als ein Ergebnis der beeindruckenden Teilnahme vieler Jugendlicher an den gemeinsamen Aktionstagen mit den Gewerkschaften ansieht. „Weil die Jugendlichen sich mobilisiert haben und das Haupt erhoben haben, ist es ihnen gelungen, starke Maßnahmen für ihre berufliche Eingliederung und ihre Lebensbedingungen zu erreichen“, erklärte er nach dem Gespräch. Er bekundete seine „Genugtuung“ über diese konkrete Antwort auf Forderungen der Jugend, betonte aber gleichzeitig, dass damit keineswegs alle Meinungsverschiedenheiten behoben seien, besonders hinsichtlich des „Arbeitsgesetzes“ („Loi Khomri“, Gesetzentwurf der Arbeitsministerin Khomri zur Neufassung und Verschlechterung bedeutender Teile des bisher geltenden Arbeitsrechts). Deshalb bleibe die UNEF weiter solidarisch mit dem Gewerkschaftsbündnis gegen diesen Gesetzentwurf und rufe zur weiteren Beteiligung an den gemeinsamen Aktionstagen auf. Auch die Sprecher der Schülerverbände UNL und FIDL erklärten, dass die Regierungsankündigungen „in die richtige Richtung“ gingen, aber ihre Aufrufe zur Beteiligung an den gemeinsamen Aktionstagen mit den Gewerkschaften gegen das „Loi Khomri“ beibehalten werden. Der nächste dieser gemeinsamen Aktionstage wird von den beteiligten Organisationen für den 28. April vorbereitet, da am 3. Mai die Behandlung des Arbeitsgesetzentwurfes im Plenum der Nationalversammlung vorgesehen ist.

txt: Georg Polikeit
foto: PCF


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