Präsidentenwahl in Portugal: Erfolg für Rechtskreise

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Marcelo Rebele de Sousa RTP28.01.2016: Bei der Präsidentenwahl in Portugal am vergangenen Sonntag (24.1.2016) hat der 67-jährige Rechtsprofessor und TV-Kommentator Marcelo Rebele de Sousa, Kandidat der Rechtsparteien, bereits im ersten Wahlgang mit 52 Prozent der abgegebenen Stimmen den Sieg davon getragen (bei einer Wahlbeteiligung von 48,8 %). Er soll am 9. März sein Amt antreten. Der Präsident hat in Portugal vorwiegend eine repräsentative Rolle, ohne sich direkt in die Regierungsarbeit einzumischen. Er kann aber unter bestimmten Umständen das Parlament auflösen und Neuwahlen ansetzen.

De Sousa war im Wahlkampf als „Unabhängiger“ aufgetreten, obwohl er seit ihrer Gründung Mitglied der liberal-konservativen PSD angehört und in den 90er Jahren ihr Präsident war. Seine Partei heißt fälschlicherweise „Partido Social Democrata“, hat aber in Wirklichkeit mit der Sozialdemokratie, die in Portugal als „Partido Socialista“ auftritt, nichts zu tun, was auch durch ihre Mitgliedschaft in der „Europäischen Volkspartei#“ (EVP) belegt wird, der auf EU-Ebene auch die CDU/CSU angehört. De Sousa hatte im Wahlkampf die volle Unterstützung sowohl der PSD wie auch der zweiten bürgerlich-konservativen Partei CDS. Dennoch versuchte er auch unmittelbar nach der Wahl, sich als „über den Parteien stehender“ Präsident zu inszenieren, der angeblich „Brücken bauen“ und auch mit der von den Sozialisten geführten Minderheitsregierung unter Antonio Costa kooperieren will, die nach der Parlamentswahl im Oktober am 26. November infolge der Unterstützung durch die Kommunisten und den Linksblock möglich geworden war.

Die PCP hat die Wahl de Sousas in einer am Tag nach der Präsidentenwahl veröffentlichten Erklärung ihres Generalsekretärs Jerónimo de Sousa als einen „negativen Faktor“ in der gegenwärtigen Phase des politischen Lebens in Portugal bewertet, das zu „legitimen Besorgnissen hinsichtlich seines künftigen Mandats“ Anlass gebe. De Sousa habe mit seinem Auftreten als „Unabhängiger“ seine wahre Haltung vertuscht, was er in Wirklichkeit repräsentiert. Er sei nicht nur der Kandidat der rechten Parteien PSD und CDS, die ihn offiziell unterstützt haben, sondern im Grunde auch der Fortsetzer des Kurses, wenn auch vielleicht mit einigen „stilistischen Anpassungen“, den der  bisherige Staatspräsidenten Cavaco Silva, ebenfalls von der PSD. In den vergangenen Jahren betrieb und der eine Politik des wirtschaftlichen Niedergangs und des sozialen Rückschritts zum Inhalt hatte. Deshalb biete de Sousa sowohl infolge seiner eigenen Sicht auf die Verfassung als auch seines unlösbar mit den Rechtsparteien verbundenen Lebenslaufs „nicht die Garantie einer den Grundsätzen und Werten der Verfassung verpflichteten Präsidentschaft“.

Die weiteren Wahlergebnisse: António Sampaio da Nóvoa, der ebenfalls als „Parteiloser“ antrat, aber eigentlich der Kandidat der sozialdemokratischen und jetzt die Regierung stellenden „Partido Socialista“ (PS) war, kam mit 22,9 % auf den zweiten Platz. Den dritten Platz konnte überraschenderweise Marisa Matias, EU-Abgeordnete des Linksblocks (Bloco de Esquerda ), mit 10,12 % erringen (Anmerkung unten *). Auf Platz 4 kam Maria de Belém Roseira, die ebenfalls der PS angehört, aber als „Parteilose“ antrat, mit 4,2 %, und auf Platz 5 der Kandidat der PCP, Edgar Silva, mit 3,95 %. Es folgen fünf weitere Kandidaten.

Die PCP unterstrich in ihrer Erklärung die Bedeutung der Kandidatur von Edgar Silva für die Aufklärung der Menschen und das Geltendmachung der Interessen und Anliegen der Arbeiter und des Volkes im Wahlkampf und für die Durchsetzung eines anderen politischen Kurses im Land. Das Ergebnis für den PCP-Kandidaten bleibe zwar „hinter dem Wert zurück, den sein Projekt erfordert hätte, sowohl hinsichtlich des Ziels dieser Wahlen – einen Präsidenten der Republik zu sichern, der die Verfassung verteidigt, respektiert und verwirklicht“ – als auch hinsichtlich des Ziels, einen anderen Kurs im nationalen politischen Leben durchzusetzen. Dennoch werde es sich in nächster Zeit als ein wichtiger Faktor „für die Entwicklung des Kampfes und der politischen Schlachten erweisen, vor die die neue Phase im politischen Leben des Landes die Arbeiter, das Volk, die Demokraten und Patrioten stellen wird“.

Text: G. Polikeit             Foto: RTP

Anmerkung:

* Mit 460.000 Stimmen hat Marisa Matias nicht nur das beste Ergebnis erzielt, das ein Kandidat des Linksblocks jemals erreicht hat, sondern sie hat auch mehr Stimmen erhalten, als je eine weibliche Kandidatin bei Präsidentschaftswahlen errang. Bislang lag Maria de Lourdes Pintasilgo mit 419.000 Stimmen bei der Präsidentschaftswahl 1986 an der Spitze.


 

Erklärung der Portugiesischen Kommunistischen Partei (PCP) unterstreicht Weiterführung des Kampfes für den Kurswechsel zu einer linken Politik

Nachfolgend die Erklärung der PCP in einer deutschen Arbeitsübersetzung im Wortlaut:

Zu den Ergebnissen der Präsidentenwahl am 24 Januar 2016

Erklärung von Jerónimo de Sousa, Generalsekretär der Portugiesischen Kommunistischen Partei (PCP) (25.1.2016)

  1. Diese Wahl bestätigte die Bedeutung der Tatsache, dass die PCP während der Debatte über die Rolle und die Vollmachten des Präsidenten der Republik ihre eigene autonome Stimme hatte. Kein anderer Kandidat betonte mit der gleichen Klarheit die Werte der Verfassung der Republik als ein wesentlicher Bezugspunkt für einen anderen Kurs im politischen Leben des Landes, der das Recht des portugiesischen Volkes und des Landes auf Entwicklung, Fortschritt und soziale Gerechtigkeit voll gewährleistet. Die Kandidatur von Edgar Silva war eindeutig auf die Verwirklichung und Respektierung der Verfassung, aber wie bei keinem anderen auch auf die Beachtung aller ihrer politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Dimensionen gerichtet. Eine einmalige und einzigartige Verkörperung der Dimension der Rechte, des Wertes der Arbeit, des gleichzeitigen Ausdrucks der verschiedenen Sektoren der gemischten Wirtschaft, die sie vorsieht, der Bekräftigung der nationalen Interessen, Souveränität und Unabhängigkeit.
  2. Der Wahlkampf von Edgar Silva gab den Rechten und Interessen der Arbeiter, der Rentner, der kleinen und mittleren Unternehmer, der Bauern und Fischer eine Stimme. Er reflektierte die Probleme der Jugend und der Frauen, derjenigen, die Kultur hervorbringen, und er präsentierte Lösungen entsprechend ihrer Bestrebungen. Er verkörperte die dringlichsten Anliegen der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung, der nationalen Produktion, der Schaffung von Arbeitsplätzen und der Einkommensverteilung.
    Die patriotische und linksgerichtete Kandidatur, frei von jeder Beziehung zu Wirtschaftsgruppen und dem Finanzkapital, wies die Diktate der Europäischen Union entschieden und konsequent zurück. Es war eine Kandidatur, die ein Projekt der Freiheit, Demokratie, sozialen Gerechtigkeit, Entwicklung und Souveränität verkörperte. Eine Kandidatur, die sich ohne Zögern selbst als Kandidatur der Arbeiter, Kandidatur des Bekenntnisses zum April (zur April-Revolution 1974, Übers.) und den mit ihm verbundenen  Werten bezeichnete.
  3. Die von Marcelo Rebele de Sousa erzielten Ergebnisse sind untrennbar mit einer sorgfältig geplanten und anhaltenden Medienkampagne verbunden, die faktisch noch während des Wahltags selbst weiter geführt wurde, mit dem offensichtlichen Versuch des Kandidaten, seine wahre Haltung zu entscheidenden Themen der Rolle des Präsidenten der Republik zu vertuschen und zu verheimlichen, ebenso wie mit der offenkundig falschen Behauptung seiner sogenannten Unabhängigkeit, die abstreitet, wen er tatsächlich repräsentiert. Wie die PCP wiederholt unterstrichen hat, war Marcelo Rebelo de Sousa nicht nur der Kandidat von PSD und CDS, sondern tritt er auch für die Fortsetzung dessen ein, mit der einen oder anderen stilistischen Anpassung, was für die Mandate von Cavaco Silva kennzeichnend war.
  4. Der kleine Stimmenvorsprung, der es ihm (dem neuen Präsidenten de Sousa, Übers.) ermöglichte, einen zweiten Wahlgang zu vermeiden, beweist die reale Möglichkeit, die die PCP stets betont hat, dass die Bedingungen, vorhanden sind, ihn zu schlagen, wenn alle anderen Kräfte sich wirklich für dieses Ziel engagieren.
    Die Wahl von Marcelo Rebele de Sousa zum Präsidenten der Republik stellt in der gegenwärtigen Phase des nationalen politischen Lebens ein negativer Faktor dar, der Anlass zu legitimen Besorgnissen hinsichtlich seines zukünftigen Mandats gibt. Ungeachtet seiner wiederholten Erklärungen bietet Marcele Rebele de Sousa sowohl infolge der Sicht auf die Verfassung, die er vertritt, wie auch infolge seines unabtrennbaren Lebenslaufs als Politiker der Rechten und der PSD nicht die Garantie einer den Grundsätzen und Werten der Verfassung verpflichteten Präsidentschaft. Er ist der PSD und CDS und den Vorhaben verbunden, die sie befürworten und die zur Politik des wirtschaftlichen Niedergangs und des sozialen Rückschritts zurückzukehren versuchen, die unser politisches Leben in den vergangenen vier Jahren geprägt hat.
    Seine wiederholten Erklärungen während des Wahlkampfs bezüglich der Respektierung der verfassungsmäßigen Pflichten des Präsidenten der Republik und bezüglich seiner verkündeten Unabhängigkeit gegenüber der Partei, der er angehört und die ihn unterstützt hat, wie auch bezüglich seiner Haltung gegenüber den anderen Organen der Souveränität und eines geregelten Funktionierens der Institutionen werden mit den Verantwortlichkeiten, mit denen er nun betraut wird, die wahre politische und institutionelle Haltung von Marcelo Rebele de Sousa unter Beweis stellen und entsprechende Aktionen erfordern.
  5. Das mit der Kandidatur von Edgar Silva (PCP-Kandidat, Übers.) erreichte Ergebnis bleibt hinter dem Wert zurück, den sein Projekt erfordert hätte, sowohl hinsichtlich des Ziels dieser Wahlen – einen Präsidenten der Republik zu sichern, der die Verfassung verteidigt, respektiert und verwirklicht – als auch hinsichtlich dessen, was sie repräsentierte und widerspiegelte bezüglich eines konsequenten und unersetzlichen Eingreifens in den heutigen und zukünftigen Kampf für einen anderen Kurs unseres nationalen politischen Lebens. Ein Ergebnis, das durch harte Arbeit erreicht worden ist, im Kontext einer ungleichen Behandlung in den Medien, bei der andere Kandidaten gefördert und begünstigt und Appelle an populistische und antidemokratische Stimmungen verbreitet wurden.
  6. Der Aufschwung der Mobilisierung, den die Kandidatur Edgar Silvas mit sich brachte, die Aufklärung, die sie hinsichtlich der Probleme des Landes und der politischen Lösungen, die notwendig sind, um ihnen zu begegnen, leistete, und der unschätzbare Beitrag, den sein Wahlkampf und die Aktion von tausenden Aktivisten, die daran teilnahmen, bedeuteten, um Entmutigung zu bekämpfen und das Vertrauen in den Aufbau eines besseren und gerechteren Portugal zu stärken, werden in der nächsten Zukunft als ein wesentlicher Faktor für die Entwicklung des Kampfes und der politischen Schlachten erweisen, vor die die neue Phase im politischen Leben des Landes die Arbeiter, das Volk, die Demokraten und Patrioten stellen wird.
    Keine andere Stimmabgabe entspricht so wie eine Stimme für Edgar Silva einem soliden Engagement für eine patriotische und linke Politik. Keine andere Stimme wird so wie eine Stimme für Edgar Silva Gewicht in der nahen Zukunft Gewicht haben für das Eingreifen und den Kampf der Arbeiter und des Volkes für die Verteidigung ihrer Rechte, für die Erhöhung ihrer Einkommen und für die Bekräftigung der Souveränität und Unabhängigkeit unseres Landes.
    Ein besonderer Gruß an den Genossen Edgar Silva, der in diesem anspruchsvollen und wichtigen Kampf mit großer Fähigkeit, Engagement, Überzeugung und Würde die entscheidende Rolle spielte, an alle, die für seine Kandidatur gestimmt haben, an die Tausenden von Aktivisten und Unterstützer, die einen Wahlkampf ohne Parallele im Vergleich zu irgendeiner der anderen Kandidaturen geführt haben bezüglich direkter Kontakte, Mobilisierung und Aufklärung über die Situation des Landes und die von einem Präsidenten der Republik verlangte Rolle, um in Respektierung der Verfassung für einen Bruch mit dem Kurs des nationalen Niedergang und des sozialen Rückschritts zu wirken, dem das Land unterworfen war.
  7. Ich möchte hier gegenüber den portugiesischen Arbeiter und dem portugiesischen Volk bekräftigen, dass sie auf die Portugiesische Kommunistische Partei zählen können, auf ihre Aktivitäten, ihre Entschlossenheit und ihren Kampf in der gegenwärtigen Phase des nationalen Lebens des Landes wie schon immer, um Rechte zu verteidigen, wieder zu erlangen und neue zu erringen, Probleme zu lösen, dem gerechten Verlangen zu entsprechen, was Löhne und Renten, Beschäftigung und den Kampf gegen Prekarisierung, für Gesundheitsvorsorge, Bildung, soziale Sicherheit und Kultur angeht, und alles zu unterstützen, was Positives erreicht werden kann, alle Maßnahmen und Entscheidungen zu bekämpfen, die sich als negativ erweisen, mit der rechtsgerichteten Politik zu brechen, ausländische Zwänge zurückzuweisen und eine patriotische linke Politik, Demokratie, Entwicklung, nationale Souveränität und ein Portugal mit Zukunft zu sichern.

Übersetzung: G. Polikeit       Quelle: pcp