KP China macht ernst: Parteiqualität vor -quantität

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China Grösste-KP-Fahne 06.2014 ChinaToday20.06.2014: Als das ZK der KP Chinas vor 10 Tagen neue Richtlinien für die "vernünftige" und "ausgewogene" Aufnahme von Mitgliedern verabschiedete, war das ein logischer Schritt der neuen Parteiführung um Xi Jinping, der längst überfällig war. Seit 1994 ist die Mitgliederzahl von 42 Mio. auf etwa jetzt 85 Mio. gewachsen. Einerseits eine erfreuliche Entwicklung, andererseits ein Wachstum, welches gravierende Probleme mit sich brachte. Nun hat die Parteiführung offensichtlich - wie in der Wirtschaft - die Orientierung umgesetzt: Qualität vor Quantität.

Nach Angaben des Organisationsbüros des ZK der KP beträgt der Anteil der Industriearbeiter unter den KP-Mitgliedern etwa 8,5% (7,25 Mio.). Dieser Pfeiler der Partei ist damit in den letzten Jahren stetig gesunken. Auch der Anteil der Bauern in der KP beträgt nur knapp 30% (25,35 Mio.), was ebenfalls nicht ihrem Anteil in der Bevölkerung entspricht.

Mit der Entwicklung einer sozialistischen Marktwirtschaft in den vergangenen 20 Jahren gab es viele neuartige Umstände und Probleme hinsichtlich der Aufnahme von neuen Parteimitgliedern, die einen erheblichen negativen Einfluss auf die Qualität der Parteimitglieder gehabt haben. Und die Größe einer Mitgliedschaft, welche die Einwohnerzahl Deutschlands übersteigt, ist in sich eine organisatorische und führungsmäßig komplexe und schwierige Aufgabe.

Die aus Sicht der Parteispitze ihre Sache gefährdenden Probleme sind Erscheinungen wie Korruption, Pflichtverletzung, Vetternwirtschaft und Cliquenbildung innerhalb der Partei. Nicht wenige der in den vergangenen 20 Erfolgsjahren in die Partei aufgenommene Chinesen betrachten die Partei als Karrieresprungbrett. "Als die regierende Partei zieht die KP Chinas naturgemäß verschiedene Interessengruppen an, welche der Partei nicht wegen der kommunistischen Zielsetzung und Weltanschauung beitreten, sondern weil sie ihnen helfen soll, Macht und Geld zu erlangen", wie es der für Parteiaufbau zuständige Professor Cai Zhiqiang an der Parteischule des ZK der KP formulierte. Die seit 2002 mögliche Aufnahme von Privatunternehmern in die KP spielt da eher keine Rolle, weil deren Zahl minimal ist.

Diese Entwicklung wurde dadurch begünstigt, dass nicht wenige Parteiorganisationen auf die Anforderungen achteten, die es bereits in der Vergangenheit gab, wie eine offizielle Verlautbarung des ZK vom 28. Januar 2013 erklärte. Schon damals forderte das ZK die Parteiorganisationen im ganzen Land auf, politische Kräfte zu sein, die sich durch "begrenzte Größe, vernünftige Strukturen, gesunde Qualität, strikte Disziplin und überragenden Arbeitsstil" auszeichnen.

Die jetzt beschlossenen neuen Richtlinien – die bisherigen waren in den letzten 24 Jahren unverändert – zielen dementsprechend darauf ab, das Wachstum der Partei zu drosseln, die Strukturen der Partei zu verbessern, sich auf die Aufnahme von Mitgliedern aus der Arbeiterklasse zu orientieren, die ideologische, moralische, persönliche Qualität der Mitglieder der KP zu verbessern und so die Rolle der Parteimitglieder in der Gesellschaft zu stärken.

Die neuen Richtlinien für die Aufnahme von Mitgliedern in die KP sollen einige der alten Traditionen der KP wiederbeleben, die im Prozess der Reformen und der Öffnung vernachlässigt wurden, wie die chinesische Global Times berichtete.

Professor Cai Zhiqiang wurde noch etwas konkreter: "Das Optimieren der Struktur der Partei hat drei Schwerpunkte: die Altersstruktur, die Wissensstruktur und die Klassenzusammensetzung. Die Partei zielt darauf ab, mehr junge Menschen mit einem guten und hohen Bildungsgrad aufzunehmen. Das Wichtigste ist jedoch, die gegenwärtig unausgewogene Klassenstruktur zu verändern und mehr Mitglieder aus der Arbeiterschaft und von den Bauern aufzunehmen – dazu gehört auch die in den letzten 20 Jahren auf viele Millionen angewachsene ganz neue Gruppe der Wanderarbeiter. ... Das Ziel der Partei ist es nicht, Interessengruppen zu vertreten, sondern dem Volke zu dienen. Darum muss die KP sorgfältiger bei der Aufnahme neuer Mitglieder sein und ein entsprechend wirksames Kriteriensystem einführen. Bisher fehlte es daran."

Die neuen Aufnahmerichtlinien der KP Chinas betonen die Bedeutung "politischer Kriterien", deren Bewertung sich vor allem daran bemisst, wieweit die Mitglieder sich den Marxismus angeeignet haben und wie fest sie zu dieser Weltanschauung stehen. Die Volkszeitung nannte die 'marxistische Überzeugung' als das Kriterium Nr. 1 für die politische Reife eines Menschen, Vollmitglied der KP Chinas zu werden.

Die neue Parteiführung um Generalsekretär Xi Jinping macht mit den neuen Aufnahmerichtlinien einen großen Schritt in der Umsetzung dessen, was er bereits 2012 in seiner Schrift 'Die Reinheit der Partei bewahren' schrieb:

Organisatorische Reinheit sichert, dass die ganze Partei einheitlich handelt und garantiert, dass ihre Kreativität, ihr Zusammenhalt und ihre Wirksamkeit verbessert werden kann. Die KP Chinas ist eine große politische Partei mit mehr als 80 Mio. Mitgliedern und über 3,8 Mio. Grundeinheiten. Vor dem Hintergrund der lange dauernden Regierung der Partei und der Reform und Öffnungspolitik ist die Aufgabe der Bewahrung der Reinheit in den Reihen der Parteimitglieder und der Führungskräfte nun schwieriger und wichtiger, als es jemals in der Vergangenheit der Fall war.

Die Parteiorganisationen aller Ebenen müssen die Parteimitglieder und -führungskräfte strikt führen. Der Eintritt in die Partei muss strenger Kontrolle unterliegen; die Anstrengungen zur Ausbildung von Parteimitgliedern und -führungskräften müssen voran getrieben werden; die Beobachtung und Überwachung der Parteimitglieder und der -führungskräfte muss verstärkt werden; und es müssen Wege für den Ausschluss von Parteimitgliedern und -führungskräften offen gehalten bleiben. Es gibt derzeit Parteimitglieder und -führungskräfte, die in die Partei nicht wegen der marxistischen Überzeugung eingetreten sind, oder weil sie sich lebenslang der Sache des Sozialismus mit chinesischen Merkmalen und des Kommunismus gewidmet haben, sondern weil sie glauben, sie könnten etwas für sich durch den Eintritt in die Partei gewinnen.

Solche Menschen betrachten den Eintritt in die Partei und erlangte Positionen als Führungskräfte als eine Quelle politischen Kapitals für sich selbst und für ihre Familien und Verwandten. Lenin sagte einst: "Wir brauchen keine Scheinmitglieder, nicht einmal als Geschenk". Bei der Aufnahme von Parteimitgliedern müssen wir die Beweggründe der Kandidaten für den Eintritt in die Partei sorgfältig prüfen, energisch Standardverfahren und Prozesse für die Aufnahme in die Partei verstärken, sicher stellen, dass der Standard bei neuen Anträgen erhalten bleibt und Sorge dafür tragen, dass Menschen daran gehindert werden, ungesunde Tendenzen in di Partei zu tragen. Ebenso müssen wir in der Ausbildung, bei der Förderung und der Amtsübertragung strikt die Standardverfahren beibehalten, daran festhalten, dass Menschen auf Grund ihrer Verdienste befördert werden, und wir müssen weiterhin politische Integrität und professionelles Vermögen – wobei der Schwerpunkt auf der Integrität liegt – als Kriterium für die Auswahl von Führungskräften und Leitungsgruppen betrachten.

Wir müssen die 'Ansichten zur Stärkung der moralischen Bewertung von Führungskräften' von der Organisationsabteilung des ZK der KP Chinas ernsthaft umsetzen. Bei Betonung der Loyalität zur Partei, dem Dienst am Volke, der Integrität und der Selbstdisziplin müssen wir unsere Bewertung des politischen und moralischen Charakters unserer Führungskräfte voran bringen und unser möglichstes tun, um zu verhindern, dass Menschen mit ungesunden Tendenzen in unseren Reihen aufsteigen. Einige lokale Einheiten haben in den letzten Jahren in unterschiedlichem Ausmaß ihre Handhabung von Parteimitgliedschaften und Führungskräften übermäßig lax und weich betrieben. Im Ergebnis werden ungesunde Tendenzen nicht sofort unterbunden, kleine Fehler werden zu großen Problemen, alltägliche Dinge blähen sich zu großen Angelegenheiten auf, und das Erscheinungsbild der Partei leidet in den Augen der Menschen.

Daher gilt: 'Wehret den Anfängen'! Regelmäßige Weiterbildung und Erinnerungen sind die besten Mittel, um ungesunde Tendenzen im Keim zu ersticken. Der einzige Weg zur Vermeidung des Aufkommens von Problemen ist es, bereits im frühen Stadium eindeutige Sachverhalte aufzudecken, anzuzeigen und zu behandeln, welche auf ungesunde Tendenzen hinweisen. Deshalb müssen wir ein System der regelmäßigen Prüfung des Parteigeistes der Parteimitglieder und der demokratischen Beurteilung der Parteimitglieder einrichten und weiterentwickeln. Hinsichtlich der Parteimitglieder und Führungskräfte, die ihre Fehler trotz wiederholter Warnungen nicht einsehen und ändern wollen, müssen wir streng in Übereinstimmung mit dem Statut der Partei und anderen internen Regelwerken der Partei verfahren und entschlossen degenerierte und korrupte Personen rauswerfen, die nicht zu retten sind.

Die Basis der Anforderungen an die Mitglieder der KP Chinas bildet in diesem Prozess das gegenwärtige Statut der Partei, aus dem nachstehend einige zentrale Stellen zitiert seien:

Die Kommunistische Partei Chinas ist die Vorhut sowohl der chinesischen Arbeiterklasse, als auch des chinesischen Volkes und der chinesischen Nation. Sie ist das Herz der Führung der Sache des Sozialismus mit chinesischen Merkmalen und repräsentiert die Entwicklungslinie von Chinas fortgeschrittenen Produktivkräften, die Orientierung von Chinas fortgeschrittener Kultur und die fundamentalen Interessen der überwältigenden Mehrheit des chinesischen Volkes. Die Verwirklichung des Kommunismus ist das höchste Ideal und das letztendliche Ziel der Partei.

Die Kommunistische Partei Chinas nimmt den Marxismus-Leninismus, die Gedanken Mao Zedongs, die Theorien Deng Xiaopings, die wichtigen Gedanken der Drei Repräsentanten und das wissenschaftliche Herangehen an die Entwicklung des Landes als Richtlinie ihres Handelns.

Der Marxismus-Leninismus bringt die Gesetze zutage, welche die Entwicklung der Geschichte der menschlichen Gesellschaft beherrschen. Seine grundlegenden Lehren sind richtig und haben gewaltige Lebenskraft. Das von den chinesischen Kommunisten verfolgte höchste Ideal des Kommunismus kann nur verwirklicht werden, wenn die sozialistische Gesellschaft vollkommen entwickelt und höchst fortgeschritten ist. Die Entwicklung und die stetige Verbesserung des sozialistischen Systems ist ein langer historischer Prozess. So lange die chinesischen Kommunisten die grundlegenden Lehren des Marxismus-Leninismus hoch halten und den Chinas besonderen Bedingungen entsprechenden und mit des chinesischen Volkes eigener Zustimmung gewählten Weg gehen, wird die sozialistische Sache in China letztlich mit einem Sieg gekrönt werden. ...

Artikel 3. Die Parteimitglieder müssen folgende Pflichten erfüllen:

  1. Sorgfältig den Marxismus-Leninismus, die Gedanken Mao Zedongs, die Theorien Deng Xiaopings, die wichtigen Gedanken der Drei Repräsentanten und die wissenschaftliche Herangehensweise an die Entwicklung des Landes studieren, die Linie der Partei, ihre Grundsätze, Politik und Resolutionen studieren, sich wesentliches Wissen über die Partei aneignen, allgemeines, wissenschaftliches, rechtliches und professionelles Wissen erlangen und fleißig daran arbeiten, ihre Fähigkeit zu erhöhen, dem Volk zu dienen.
  2. Die grundlegende Linie der Partei, ihre Grundsätze und Politik umsetzen, die Führung in Reform, Öffnung nach außen und sozialistischer Modernisierung zu übernehmen, die Menschen ermutigen, hart für die wirtschaftliche Entwicklung und sozialen Fortschritt zu arbeiten und eine beispielhafte und Vorhutrolle in der Produktion, in der Arbeit, im Studium und in sozialen Aktivitäten zu spielen.
  3. An dem Prinzip festhalten, dass die Interessen der Partei und des Volkes über allem stehen, ihre persönlichen Interessen den Interessen der Partei und des Volkes unterordnen, als Erste Entbehrungen zu tragen und als Letzte Annehmlichkeiten genießen, selbstlos für die öffentlichen Interessen arbeiten und bestrebt sein, mehr zu geben.
  4. Gewissenhaft die Parteidisziplin einhalten, die Gesetze und Vorschriften des Staates in vorbildlicher Weise achten, unbeirrt die Geheimnisse der Partei und des Staats schützen, die Entscheidungen der Partei umsetzen und jede Arbeit zu übernehmen und aktiv jede Aufgabe zu erfüllen, welche ihnen die Partei überträgt.
  5. Die innerparteiliche Solidarität und Einheit hochhalten, sich loyal und ehrenhaft gegenüber der Partei zu verhalten, Worte und Taten in Übereinstimmung halten, sich entschieden allen Aktivitäten von Fraktionen und Kleincliquen, sowie allem Doppelspiel und Ränken jeder Art widersetzen.
  6. Sich ernsthaft an Kritik und Selbstkritik beteiligen, Unzulänglichkeiten und Fehler in der Arbeit tapfer aufzeigen und berichtigen und entschieden Korruption und andere negative Erscheinungen bekämpfen.
  7. Enge Verbindung zu den Massen halten, die Ansichten der Partei unter ihnen verbreiten, sich mit ihnen bei aufkommenden Problemen beraten, die Partei über die Ansichten und Forderungen der Massen rechtzeitig informieren und ihre rechtmäßigen Interessen verteidigen.
  8. Neue sozialistische Wege und Gewohnheiten fördern, die Führung bei der Umsetzung der sozialistischen Maximen von Ehre und Schmach übernehmen und die kommunistische Ethik verfechten. In Zeiten von Schwierigkeiten oder der Gefahr voran gehen und tapfer zu kämpfen, mutig jedes Opfer bringen, um die Interessen des Landes und des Volkes zu verteidigen.

Artikel 4. Parteimitglieder genießen die folgenden Rechte:

  1. Die notwendigen Parteiversammlungen zu besuchen, die erforderlichen Parteidokumente zu lesen und Nutzen aus Ausbildung und Schulung durch die Partei zu ziehen.
  2. An den Beratungen von Fragen hinsichtlich der Politik der Partei auf Parteiversammlungen, sowie in Parteizeitungen und -journalen teilzunehmen.
  3. Anregungen und Vorschläge hinsichtlich der Arbeit der Partei machen.
  4. Wohl begründete Kritik an Parteiorganisationen und -mitgliedern auf Parteiversammlungen einbringen, verantwortungsvoll Informationen oder Klagen gegen jegliche Parteiorganisation oder jegliches Parteimitglied im Fall von Verletzungen der Disziplin oder der Gesetze der Partei vortragen, Disziplinarmaßnahmen gegen solch ein Parteimitglied einfordern oder den Ausschluss oder die Ablösung einer jeglichen inkompetenten Führungskraft zu verlangen.
  5. An Abstimmungen oder Wahlen teilzunehmen und sich wählen zu lassen.
  6. Mit dem Recht auf Selbstverteidigung an Diskussionen teilnehmen, welche Parteiorganisationen abhalten, um über disziplinarische Maßnahmen gegen sie selbst zu entscheiden oder um ihre Arbeit und ihr Verhalten zu bewerten; andere Parteimitglieder dürfen Zeuge sein oder zu ihren Gunsten argumentieren.
  7. Im Falle von Ablehnung von einer Parteiresolution oder -politik Einwände vorbringen und ihre Sicht Parteiorganisationen auf höherer Ebene bis hinauf zum ZK vortragen, vorausgesetzt, dass sie solche Resolutionen oder Politik entschlossen ausführen, solange sie in Kraft sind.
  8. Jegliche Anfrage, Beschwerde oder Klage an höhere Parteiorganisationen – bis hinauf zum ZK – heran zu tragen und die betreffenden Organisationen um eine verantwortungsbewusste Antwort zu bitten.

Keine Parteiorganisation, bis hinauf und einschließlich des ZK, hat das Recht, irgendeinem Parteimitglied die vorgenannten Rechte zu nehmen.

Text und Übersetzungen: hth  /  Quellen: Global Times u.a.  /  Foto: ChinaToday