Kommunistische und Linksparteien: Gemeinsamer Aufruf zur Europawahl

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03.04.2014: Die Internationale Abteilung der Fortschrittspartei der Werktätigen Zyperns (AKEL) hat sich an einen weiten Kreis von linken und kommunistischen Organisationen mit der Bitte gewandt, einen Aufruf zu unterstützen, auf den sich bei einem Treffen in Brüssel eine Reihe von Parteien geeinigt hat. Der Aufruf soll zu den Wahlen des Europäischen Parlaments ein Signal der Annäherung linker und kommunistischer Parteien in Europa aussenden.

Am 18. März 2014 hatten sich auf Einladung von AKEL (Zypern), der Kommunistischen Partei Spaniens (PCE) und der Portugiesischen Kommunistischen Partei (PCP) in Brüssel 12 Parteien beraten, um die Situation in der Europäischen Union, die nächsten Wahlen zum Europaparlament, die Wichtigkeit der GUE/NGL-Fraktion (Vereinigte Europäische Linke / Nordische Grüne Linke) und einen gemeinsamen, von AKEL, PCE und PCP vorgeschlagenen Aufruf für die Europawahlen zu diskutieren. Die Teilnehmer einigten sich auf einen Text, der nun von möglichst vielen Parteien unterzeichnet und ab 15. April breit veröffentlicht werden soll.

 

Gemeinsamer Aufruf für die Europawahlen

Die Europäische Union steckt mitten in einer tiefgreifenden Krise, die sich, als Ausdruck einer Krise des kapitalistischen Systems und seiner Widersprüche, darstellt als Folge konkreter Maßnahmen im Interesse des Großkapitals, der Liberalisierung der Märkte,  von Privatisierungen, einer Attacke gegen öffentliche Dienste, einer immer größeren Akkumulation von Kapital und einer steigenden Ausbeutung. Diese Maßnahmen wurden von den politischen Kräften der Rechten und extremen Rechten, sowie der Sozialdemokratie getragen. Gerade jetzt, wo die Krise des Kapitalismus die historischen Grenzen des Systems hervorhebt, zeigt die Krise der Europäischen Union, dass die EU in ihrem Wesen als neoliberale und militaristische Struktur und als ebensolcher Prozess nicht reformierbar ist. Ein anderes Europa wird nur möglich sein mit einem radikalen Wandel des Fundaments auf dem die EU gebaut wurde.

Mit der Krise konfrontiert, setzt die EU auf eine Finanzierung der großen Banken, der Umwandlung von privaten Schulden in öffentliche Schulden und nutzt dies als Mittel der wirtschaftlichen und politischen Herrschaft; sie startet eine brutale Offensive gegen Arbeit und soziale Rechte und vertieft ihren neoliberalen und militaristischen Kurs, der von den Interessen der großen Wirtschafts- und Finanzgruppen sowie den vorherrschenden Staaten bestimmt wird. Dementsprechend fördert die Europäischen Union die Konzentration von politischer Macht in einem Direktorat von Kräften, die den Mangel an Demokratie, die Vorherrschaft der herrschenden Staaten sowie die Spaltung zwischen eines 'reichen und führenden' Kerns und einer 'armen und beherrschten' Peripherie innerhalb Europas verstärken.

Diese Offensive versucht einen sozialen Regress historischen Ausmaßes aufzuzwingen, der sich deutlich widerspiegelt in brutalen Einschnitten bei Löhnen, Renten und Sozialhilfe, in einer wachsenden Arbeitslosigkeit und prekären Beschäftigung - mit dramatischen Folgen für junge Menschen-, in einem immer schwierigeren Zugang zu Gesundheitsversorgung, Bildung und Wohnraum, in einer steigenden Armut und  sozialer Ausgrenzung und in der Behandlung von Migranten als mögliche Kriminelle. Diese Offensive, welche von Attacken auf soziale Rechte begleitet wird, die hart erkämpft wurden und in vielen Fällen in den nationalen Verfassungen verankert sind, beschränkt Rechte und Freiheiten wie die der  Gewerkschaften, der Versammlung, der Demonstration und der demokratischen Teilhabe.

Demokratie, nationale Souveränität sowie das Recht auf wirtschaftliche und soziale Entwicklung sind durch die Europäische Kommission, die Europäische Zentralbank und die 'Memorandums of Understandig' des IWF gefährdet, welche eine Ausbeutung im Stile kolonialer Beziehungen aufzwingen, soziale Unterschiede und Ungleichheiten in der Entwicklung schüren und welche durch den Prozess der Vertiefung der Wirtschaftlichen und Monetären Union institutionalisiert und verewigt werden sollen.

Solche Maßnahmen pflastern den Weg für einen reaktionären Nationalismus, für Rassismus und Ausländerfeindlichkeit, für die Wiederauferstehung der rechtsextremistischen und faschistischen Kräfte, welche durch die Anstrengungen der Völker während des 20. Jahrhunderts besiegt wurden.

Die Politik der EU bestätigt ihre Bestrebungen als ein imperialistischer, der NATO und damit den USA untergeordneter politisch-militärischer Block, fördert Militarismus, das Wettrüsten und ist durch eine Herrschaftshaltung gegenüber der Welt bestimmt, wie sich in den speziellen Handelsabkommen, in ihren Einmischungen und in ihrer Aggression gegenüber souveränen Staaten, sowie in dem kürzlich unterschriebenen Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) zeigt.

Umweltprobleme und nachhaltige Entwicklung werden nur zersplittert angegangen und die EU vertritt Maßnahmen, die, während sie die wahren Ursachen der Umweltkrise verschleiern und eine tatsächliche Lösung verhindern, die Profite der großen ökonomischen Gruppen steigern soll.

Der Kurs und die Politik der EU sind in den verschiedenen Verträgen, in dem 'Stabilitätspakt', in 'Europa 2020', in den Maßnahmen der 'Economic Governance', in den Richtlinen für das 'Europäische Semester' und aktuell im 'Fiskalpakt' verankert, welche alle auf wirtschaftlicher und finanzieller Deregulierung beruhen.

Wir sind fest davon überzeugt, dass dieser Kurs, der den Arbeitern und Völkern aufgezwungen wird, nicht unausweichlich ist. Wie die Realität auf anderen Kontinenten zeigt sind Prozesse der fortschrittlichen Zusammenarbeit und Integration möglich und respektieren die Rechte und Bestrebungen der Völker.

Wir halten fest, dass ein anderer Kurs für Europa möglich ist.

Erste Schritte in diese Richtung wären ein tiefgreifender Bruch mit der Politik der EU, mit dem Neoliberalismus, dem Militarismus und mit der Konzentration und Zentralisation der Macht in den Händen des Direktorats der Großmächte.

Für ein Europa der Zusammenarbeit, des sozialen Fortschritts und des Friedens!

Die kommunistischen, fortschrittlichen, anti-kapitalistischen, anti-neoliberalen, linken und grünen Kräfte, die diesen Aufruf unterstützen, sehen in der kommenden Wahl zum Europäischen Parlament eine wichtige Chance den Kämpfen der Arbeiter und der Völker, die durch die EU fegen, eine Stimme zu verleihen, die Notwendigkeit und Möglichkeit eines Europas der Zusammenarbeit, des sozialen Fortschritts und des Friedens, der Gleichheit und der Förderung der Umwelt zu verfechten, das die Demokratie und die Solidarität respektiert und die Interessen der Arbeiter und Völker und nicht die Interessen des Großkapitals zum Mittelpunkt ihrer Politik macht.

Die Geschichte des europäischen Kontinents zeigt, dass die Arbeiter und die Völker durch ihre Anstrengungen große Gefahren besiegen und fortschrittliche gar revolutionäre Vorstöße erreichen können, von welchen manche immer noch die Realität auf unserem Kontinent bestimmen.

Heute ist wieder einmal der Kampf der Massen bei der Verteidigung der sozialen und Arbeiterrechte, der Demokratie und Unabhängigkeit und für grundlegende anti-imperialistische und anti-monopolistische Veränderungen auf dem Weg zum Aufbau neuer Gesellschaften des Fortschritts, des Friedens und der sozialen Gerechtigkeit, entscheidend. Wie in anderen Teilen der Welt so verstärken auch in Europa die Völker ihren Widerstand und ihren Kampf, arbeiten an Bündnissen und an Solidarität und versuchen den Weg der sozialen Veränderung zu sichern.

Wir rufen die Arbeiter, die Jugend, die Frauen und allgemein die Völker der EU-Mitgliedsstaaten dazu auf, bei der kommenden Wahl zum Europäischen Parlament den harten Kämpfen welche sie führen mit ihrer Stimme Ausdruck zu verleihen, diejenigen zu verurteilen, die für die asoziale und demokratiefeindliche Politik der EU verantwortlich sind und diejenigen zu unterstützen, die wie die Unterzeichner dieses Aufrufs, bei ihren Kämpfen an ihrer Seite stehen, im Europaparlament ihren Wünschen, Forderungen und Protesten eine Stimme verleihen und eine wirkliche Alternative für Europa darstellen.

Ein anderer Kurs für Europa ist möglich! Der Kampf und die Solidarität vereint all jene, die in jedem Land und zusammen in Europa für eine fortschrittliche und revolutionäre Transformation ihrer Gesellschaft und für eine Alternative zum Kapitalismus arbeiten, handeln und kämpfen.

In diesem Sinne kämpfen die Kräfte, die diesen Aufruf unterzeichnen, weiterhin für:

Für diese Ziele sind wir bestrebt, unsere Arbeit innerhalb der konföderalen Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke (GUE/NGL) im Europaparlament im Geiste von Gleichheit und gegenseitigem Respekt für unsere Unterschiede, die jeweilige individuelle Geschichte, Erfahrungen und nationale Besonderheiten, fortzusetzen. Ein Raum für Zusammenarbeit, der das Viele hervorhebt, was uns im Kampf für ein anderes Europa eint.

Wir verstehen unsere Fraktion als konföderativen Raum der Zusammenarbeit mit eigener Identität, zwischen kommunistischen, Arbeiter-, fortschrittlichen, linken und grünen Kräften, welche das gemeinsame Ziel verfolgen, den Kämpfen der Arbeiter und Völker im Europaparlament eine Stimme zu verleihen, eine alternative Politik im Gegensatz zu derjenigen von rechten und sozialdemokratischen Kräften zu verfechten, vorzuschlagen und zu verteidigen und dem Kampf für einen anderen Kurs in Europa Ausdruck und Inhalt zu verleihen.

Durch unsere Unterschrift unter diesem Aufruf versprechen wir, diese Ziele und Richtlinien einzuhalten. Je stärker wir sind, desto stärker werden die Kämpfe für ein Europa der Zusammenarbeit, des sozialen Fortschritts und des Friedens sein.

Bisherige Unterzeichner des Aufruf sind: Kommunistische Partei von Großbritannien, Kommunistische Parteien von Böhmen und Mähren (KSCM), Kommunistische Partei Dänemarks, Deutsche Kommunistische Partei (DKP), DIE LINKE (Deutschland), Kommunistische Partei Finnlands (SKP), Französische Kommunistische Partei (PCF), Partei der italienischen Kommunisten (PdCi), Partito della Rifondazione Comunista (PRC, Italien), Kommunistische Partei Österreich (KPÖ), Portugiesische Kommunistische Partei (PCP), Linksblock (Portugal), Kommunistische Partei Spaniens (PCE), Vereinigte Linke Spaniens (IU), Partei der Kommunisten von Katalonien (PCC), AKEL (Zypern)