37 Jahre Zypern-Krieg - ein leidvolles Lehrstück

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zypern-akel24.07.2011:  Während die Medien der bei uns Herrschenden Stimmung gegen die rechtmäßigen Regierungen in Syrien und Libyen machen und sich auf vielfältige, jedoch einseitig parteiische Weise über den 'Kampf der Oppositionellen' und die Brutalitäten der ihnen gegenüber stehenden Machtorgane propagandistisch austoben, werden die ausländische Einmischung, die Drahtzieher für Aufruhr und Provokation der Staatmachtsorgane und deren wirkliche Interessen nicht hinterfragt. Auch die Fragen "Wem nutzt es, wenn etwa Syrien in einen ethnisch-religiösen Zerfall übergeht?" und "Was bewirkt selbst ein Aufruhr mit berechtigten Forderungen, wenn er nicht annähernd die Kraft zum Sturz der Herrschenden hat oder wenn er sogar unter der Führung von Kräften steht, die nur selbst die Herrschaft über das Volk ausüben wollen und sogar Vasallen ausländischer Mächte sind?", bleiben in unseren Medien außen vor.

Dabei kann man - zeitlich scheinbar weit voneinander entfernt und doch hinsichtlich imperialer Vorgehensweisen eng beieinander - diese Frage an nicht wenigen Beispielen beantworten: Vietnam, Laos, Kambodscha, Serbien, Palästina, ... und auch der Krieg auf Zypern vor fast auf den Tag genau 37 Jahren und die Spaltung der Insel ist eines. Obwohl dort nicht eine der imperialistischen Hauptmächte, sondern eine Regionalmacht mit hegemonialem Anspruch den Zerfall des Staates Zypern bewirkte, bleiben - wie in einem Brennglas und trotz mancher Besonderheiten - viele Parallelen und die schlimmen Auswirkungen solcher Angriffe auf schwächere Staaten sichtbar. Insbesondere wird dort eines deutlich: die Volksmassen gewinnen dabei nicht, sie erleiden nur Verluste und Qualen.

Aus Anlass und des kürzlichen Jahrestages und des Gedenkens des Ursprungs und Beginns der noch immer leidvollen Lage der Volksmassen Zyperns, hat die AKEL in diesen Tagen die zwei nachstehenden Erklärungen veröffentlicht:

Erklärung des Zentralkomitees der AKEL aus Anlass des Trauer-Jahrestages der türkischen Invasion Zyperns

AKEL verurteilt und beklagt in höchsten Maße die türkische Invasion vom 20. Juli 1974, sowie die Leiden und die Folgendie unsere Menschen in den letzten 37 Jahren durchgemacht haben. Wir verurteilen und beklagen die unrechtmäßigen Besuch des türkischen Premierministers in den besetzten Gebieten und ebenso seine unannehmbaren, provokativen und anmaßenden Erklärungen. Vor allem die internationale Gemeinschaft sollte die Erklärungen Erdogans überdenken, denn sie enthüllen die wirklichen Absichten der Türkei.

Die barbarische Invasion des türkischen Attila bildete den zweiten Teil der anti-cypriotischen Verschwörung, die in ausländischen Entscheidungszentren in Zusammenarbeit mit Ankara eingefädelt wurde und die bedauerlicherweise in Athen und auf Zypern dienstbare Vollstrecker fand. Ohne die verräterischen Handlungen der Junta in Griechenland, von Georgios Grivas und der EOKA B hätten die ausländischen Mächte und Kräfte ihre Pläne zur Auflösung der Republik Zypern und zur Übergabe der Hälfte Zyperns an die Türkei nicht ausführen können.

37 Jahre nach dem Verbrechen und dem Verrat, hat die Untersuchung der Akte Zypern durch das Repräsentantenhaus höchst offiziell und klar die Verantwortung und die Verbindungen der imperialistischen Entscheidungszentren mit der Junta in Griechenland, den Militaristen in Ankara und der EOKA B belegt. Die Verantwortung derer, die durch ihre Handlungen Attila nach Zypern brachten, bleibt ernst und unverzeihlich: ein Verrat, für den niemand bestraft wurde und für den sich auch nach so vielen Jahren niemand beim zyprischen Volk entschuldigt hat. Im Gegenteil, viele der Übeltäter in der zyprischen Tragödie haben die Unverfrorenheit, als Richter und Ankläger aufzutreten. Wie ihre politischen und ideologischen Vorfahren kleben sie an den gleichen schrecklichen ideologischen Positionen.

Die Invasion des türkischen Attilas provozierte Chaos und Katastrophe. Sie verursachte unsägliches menschliches Leid: Tausende von Toten, Verletzten, vom Krieg getroffenen Menschen und Vermissten. Die Invasion hinterließ unsere Heimat zweigeteilt, brachte 37% des Landes unter die Besatzung durch die Türkei, entwurzelte Zehntausende von Menschen aus ihren Häusern, Tausende fanden sich in den besetzten Gebieten eingeschlossen, die wichtigsten und reichhaltigsten produktiven Ressourcen unserer Insel waren verloren. Unser kulturelles Erbe war zerstört. Die Kolonisierung verändert die demografische Zusammensetzung der zypriotischen Bevölkerung dramatisch.

Wir ehren das Andenken der Gefallenen, die, obwohl betrogen, dem türkischen Attila widerstanden und die Unabhängigkeit Zyperns mit ihrem Leben verteidigten. Wir bekunden einmal mehr unsere uneingeschränkte Unterstützung der verwandten der vermissten Personen, der Flüchtlinge, der in Enklaven lebenden und der vom Krieg geschlagenen Menschen. Wir bleiben dem Grundsatz verpflichtet, dass das Schicksal der vermissten Menschen Zypern endgültig geklärt werden muss. Wir stehen an der Seite der Flüchtlinge in ihrem Kampf zur Sicherung ihres Rückkehrrechtes. Die Trauer-Gedenktage des Staatsstreiches und der Invasion vor 37 Jahren fallen unglücklicherweise mit einer anderen Tragödie zusammen, die Zypern am 11. Juli mit der tödlichen Bombenexplosion in Mari getroffen hat. Einmal mehr bekunden wir unsere unerschütterliche Unterstützung der Verwandten der Opfer und wir bekräftigen, dass AKEL alles Machbare tun wird, damit die Verantwortung dafür richtig zugeordnet werden wird, wo und wo auch immer diese liegen mag.

Landsleute!

Am 37. Jahrestag der türkischen Invasion befindet sich das zypriotische Volk in der vordersten Front des Kampfes für die Befreiung von der Besatzung und für die Wiedervereinigung unseres Landes. Unsere Zielsetzung ist es, so schnell wie irgend möglich eine Lösung des Zypernproblems zu erreichen. Die Rahmenbedingungen dieser Lösung sind gegeben und finden sich in den Resolutionen der Vereinten Nationen und in hochrangigen Vereinbarungen, in internationaler und europäischer Gesetzgebung und in dem vereinbarten Rahmen der zweiseitigen Gespräche. Die Lösung muss eine föderale Lösung beider Zonen mit zwei Verwaltungen bei politischer Gleichheit sein, wie sie in den Resolutionen der UN definiert wurde. Wir kämpfen für die Lösung im Rahmen eines vereinigten Staates, mit einer einzigen Volksherrschaft, einer einzigen Staatsbürgerschaft und einer einzigen Rechtsperson in internationalen Angelegenheiten; für eine Lösung, die der Besatzung, der Kolonisierung und ausländischer Abhängigkeit ein Ende macht; für eine Lösung, die Menschenrechte und grundlegende Freiheiten des zypriotischen Volkes als Ganzes - der griechischen und der türkischen Zyprioten - sichert.

AKEL unterstützt mit all ihrer Kraft den Kampf, den der Präsident der Republik, Demetrios Christifias, aufgenommen hat, um eine Lösung des Zypernproblems sowohl am Verhandlungstisch, als auch im internationalen Kampffeld auch zu finden. Unglücklicherweise haben die Verhandlungen bisher nicht die Entwicklung genommen, die wir uns gewünscht hätten. In Genf wurde eine Intensivierung der Gespräche beschlossen. Allerdings wird keine wie auch immer geartete Intensivierung der Gespräche die gewünschten Ergebnisse bringen können, wenn die türkische Seite weiterhin nur Vorschläge auf den Tisch legt, die außerhalb des Geistes und der Buchstaben der UN-Resolutionen und des vereinbarten Lösungsrahmens liegen. Die Türkei hat offensichtlich nicht die notwendigen Entscheidungen getroffen, die eine Lösung des Zypernproblems ermöglichen. Andererseits hat die Anwesenheit von Eroglou in der Führung der türkischen zypriotischen Gemeinschaft die Bemühungen dazu noch mehr kompliziert. Trotzdem haben wir Vertrauen in die vereinbarten Verfahren und ihren inneren Gehalt, weil dies die einzig passende Vorgehensoption ist.

Der bedenkliche Status der Situation macht Einheit und Zusammenschluss der Kräfte zwingend erforderlich. Das Volk und alle politischen Kräfte müssen den Präsidenten unterstützen und alle anderen Vorgehensweisen an die Seite schieben. 'Patriotische' Rhetorik, leere Parolen und oppositionelles Anheizen verursachen nur Schaden. Es ist unabdingbar, dass Verantwortung, Beachtung von Prinzipien, Kampfbereitschaft, aber auch Realitätssinn vorherrschen. Nur mit vernünftigen Positionen und  bedachtem Handeln können wir die Schlacht um die Internationalisierung erfolgreich führen und von der Internationalen Gemeinschaft und der Europäische Gemeinschaft fordern, die Türkei unter Druck zu setzen. Es bedarf gemeinsamer Anstrengungen, die türkische Unnachgiebigkeit einzudämmen und den Weg zu einer Lösung zu ebnen.

AKEL beharrt auf seiner Politik der Verständigung und wir entbieten unseren türkisch-zypriotischen Landsleuten, die unter widrigen Bedingungen ihren eigenen Kampf verstärken, kämpferische Grüße. Der Kampf um die Rettung der türkisch-zypriotischen Identität und eine Lösung des Zypern-Problems und das Infragestellen der Anwesenheit der Türkei in den besetzten Gebieten stellen einen bedeutenden Beitrag im gemeinsamen Kampf  für das Heil unserer gemeinsamen Heimat dar. AKEL versichert unseren türkisch-zypriotischen Landsleuten, dass wir standhaft auf der politischen Linie einer föderalen Lösung beider Zonen mit zwei Verwaltungen bei politischer Gleichheit festhalten werden, so wie dies in den Resolutionen der Vereinten Nationen festgelegt wurde.

37 Jahre sind eine lange Zeit. Die Lösung darf nicht länger verzögert werden. Die Qualen auf Zypern muss aufhören. Die Leiden und die Opfer unseres Volkes dürfen nicht vergebens sein. Sie werden in der Tat nicht umsonst gewesen sein, wenn griechische und türkische Zyprioten sich auf eine Lösung verständigen, die unser Land zu einem wahrhaft unabhängigen, friedlichen, demokratischen und wohlhabenden Land umwandeln wird - ein Land, das all seinen Bürgern, griechischen und türkischen Zyprioten, Maroniten, Armeniern und romanischen Menschen eine sichere und ungefährdete Zukunft bieten wird.

Zentralkomitee der AKEL
19. Juli 2011


Erklärung der AKEL zu den Äußerungen von Ministerpräsident Erdogan über die Zypern-Frage

Wir bringen hiermit unseren entschiedenen Widerspruch zum Ausdruck, dass die Türkei wieder einmal und zudem mitten in den direkten Verhandlungen über eine Lösung des Zypern-Problems sich nicht mit offen provokativen Handlungen zurückhält. Der Ministerpräsident der Türkei, Recep Erdogan, bewies einmal mehr durch seine nur wenige Stunden vor seiner illegalen Ankunft in den besetzten Gebieten Nordzyperns abgegebenen Erklärung, als die internationale Öffentlichkeit von ihm erwartete, dass er auf eine Lösung des Zypern-Problems gerichtete Vorschläge und Vertrauen bildende Maßnahmen mitbringen würde, was wir seit einiger Zeit laut vernehmlich am Verhandlungstisch dargelegt haben: Die Türkei hat sich nicht im Geringsten von ihrem unversöhnlichen Standpunkt bewegt.

Der türkische Premierminister hat an Vorabend des Trauergedenkens der türkischen Invasion seinen Standpunkt hinsichtlich der Nicht-Anerkennung der Republik Zypern wiederholt. Und er machte klar, dass es keinen Vorschlag bezüglich der Öffnung von Varosia geben wird, und dass die Türkei ebenso wenig beabsichtige, auch nur einen Teil ihrer Militärkräfte von Zypern abzuziehen. Seine übliche propagandistische Rhetorik beibehaltend, erging sich der türkische Ministerpräsident über "böse Absichten" der griechischen Zyprioten und über eine Beendigung der Verhandlungsverfahren, falls diese nicht voran kämen. Zusätzlich sprach er in ultimativer Form von einer Verfestigung der Positionen der türkischen Seite in den Gesprächen, drohte mit hinter den Annan-Plan zurückfallenden Positionen und der Nicht-Rückgabe von Morfou und Karpasia. Tatsächlich ließ er sich über eine Lösung durch Bildung zweier gleicher Staaten aus, eine Position des Lösungsansatzes über einen Staatenbund, was gleichzeitig eine klare Verletzung des vereinbarten Rahmens einer bundesstaatlichen Lösung beider Zonen mit zwei Verwaltungen ist, wie sie in den hochrangigen Vereinbarungen von 1977 und 1979, den Resolutionen der UN und den gemeinsamen Erklärungen zwischen den Führern der beiden Gemeinschaften vom 23. Mai und vom 1. Juli 2008 schriftlich festgelegt wurden.

Die Erklärungen des türkischen Ministerpräsidenten zeigen auf schlagende Weise, was die unannehmbaren Zielsetzungen der Türkei in Wirklichkeit  beinhalten: den Stillstand der laufenden Verfahren, die Aufhebung der sogenannten Isolierung der türkischen Zyprioten, die Fortsetzung der Aufteilung des Landes und die Anerkennung des (nordzyprischen) Pseudo-Staates. Mit Bezug auf die Ratspräsidentschaft der Europäischen Union, die im zweiten Halbjahr 2012 von Zypern ausgeübt werden wird, drohte Erdogan, dass die Türkei in diesen sechs Monaten keine Beziehungen mit der EU praktizieren werde. Es ist offensichtlich, dass diese Erpressungsposition nur eine andere Form des türkischen Drucks auf den Terminplan zur Lösung des Zypern-Problems darstellt.

Solche Erklärungen tragen nicht im Geringsten zum gegenwärtigen Verfahren bei und schaffen berechtigte Fragezeichen hinsichtlich seiner Zukunft. Wir stellen fest, dass sowohl die Europäische Union, als auch und hauptsächlich die UNO die Position der Türkei zur Kenntnis nehmen und ihre Anstrengungen verstärken müssen, damit dieser unversöhnliche Standpunkt beseitigt wird.

Von unserer Seite, als AKEL, verkünden wir unsere feste Überzeugung, dass der Präsident der Republik, getreu den langjährigen Prinzipien der griechischen Zyprioten, den Kampf um das Erreichen der so sehr ersehnten, vereinbarten Lösung standhaft fortsetzen wird.

Zentralkomitee der AKEL
19. Juli 2011

Text und Übersetzung: hth  /  Foto: AKEL