PV-Tagung lehnt Rücknahme der Beschlüsse ab

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Die PV-Tagung vom 10./11.09.2017 hat eine Rücknahme des Beschlusses zur Auflösung des Bezirks Südbayern und des Antrags auf Unvereinbarkeit gegenüber dem Netzwerk kommunistischer Politik abgelehnt.

Auszug aus dem Referat von Patrik Köbele:
"Die Reaktionen auf die Beschlüsse der 9. PV-Tagung zur Parteiauseinandersetzung haben viele Reaktionen hervorgerufen. Aus meiner Sicht war das meiste davon nicht überraschend. Ich habe in einem ausführlichen Artikel in der UZ noch mal meine Positionen bzw. die Position des Sekretariats dargelegt. Das beinhaltet auch, dass wir die Forderung nach einer Rücknahme der Beschlüsse ablehnen. Das ist natürlich eine Entscheidung des Parteivorstands, wir werden darüber ja beraten und beschließen".

Antrag von Eva Petermann und Uwe Fritsch

Zentrales Merkmal einer Kommunistischen Partei ist die Fähigkeit zu Kritik und Selbstkritik. Beschlüsse, die der Partei schaden, können und müssen zurückgenommen werden. Nur dann auch hat es überhaupt einen Sinn, ernsthaft über ein mögliches Moratorium bzw. andere Formen der Deeskalation in den Parteiausei-nandersetzungen zu reden.
Ausgehend davon beantrage ich:

  • 1. Der PV hebt den Beschluss der 9. PV-Tagung, „die Bezirksorganisation Südbayern aufzulösen“ auf.
  • 2. Außerdem zieht der PV den beschlossenen Antrag an den kommenden Parteitag 2018, eine „Un-vereinbarkeit“ der DKP-Mitgliedschaft mit dem Netzwerk Kommunistische Politik zu beschließen, zu-rück.
  • 3. Der PV setzt eine Kommission zur Schlichtung des Parteistreits ein. Dieser gehören von beiden Sei-ten akzeptierte Persönlichkeiten an. Vorschlag: Nina Hager, Willi Gerns, Wera Richter, Artur Moses, Beate Landefeld, Heinz Stehr, Ellen Weber, Achim Bigus.

Begründung:

Zu 1) Der Beschluss des Parteivorstandes vom 17./18. Juni 2017, den Bezirk Südbayern der DKP aufzulö-sen, ist ein einmaliger Vorgang in der Geschichte der Partei. Die Vielzahl von Protesten (bis hin zu Austrit-ten) einzelner Genossinnen und Genossen sowie Parteigliederungen wie auch das kopfschüttelnde Unver-ständnis von Bündnispartnern haben gezeigt, dass der Beschluss nicht zu vermitteln ist und sie Existenz be-drohend schwächt.
Es ist auch nicht einzusehen, als der PV ausgerechnet gegen Mitglieder vorgehen will, die sich ausdrücklich auf unser gültiges Programm beziehen, während gleichzeitig teilweise abenteuerlichen sektiererischen Be-strebungen zur Revision unserer Strategie Raum gegeben wird.
Dieser Beschluss verstößt gegen das Statut der DKP und widerspricht den Bestimmungen des Parteienge-setzes.Faktisch hat der PV keine „Auflösung“ des Bezirks beschlossen, sondern eine „Amtsenthebung der Bezirksorgane“. Dazu hat er kein Recht.
Derer Art. 7 unseres Statuts kann jedenfalls einen solchen Beschluss nicht legitimieren. Dieser Artikel hat andere regionale und organisatorische Zwecke.
Eine „Auflösung des Bezirks“ ist also weder durch das Statut gedeckt noch nach dem Parteiengesetz mög-lich.
Abgesehen davon war dieser gravierende Beschluss war den Parteivorstands- Mitgliedern als Tagesord-nungspunkt nicht angekündigt und als Text vorab nicht zugeleitet worden. Folglich konnten die PV-Mitglieder sich nicht verantwortungsbewusst auf eine solch schwerwiegende Entscheidung vorbereiten und diese in den Gliederungen diskutieren.
Überdies konnten sie die Betroffenen selbst dazu nicht befragen. Denn die Mitglieder des Bezirksvorstands Südbayern und seiner Kommissionen waren nicht zur Sitzung eingeladen worden, um sich zu den erhobe-nen Vorwürfen, insbesondere bzgl. der Finanzen, äußern zu können.
Die jüngsten Stellungnahmen des BV Südbayern sprechen dafür, dass die PV-Mitglieder unter falschen Vo-raussetzungen abgestimmt haben.
Im Übrigens widerspricht dieser Beschluss allen Regeln der innerparteilichen Demokratie, wie sie im Statut vorgesehen sind. Er ist folglich nicht gültig und aufzuheben.

Zu 2) Ähnliches gilt auch für den PV-Beschluss bzgl. des Netzwerks Kommunistische Politik.
Laut Artikel 2 des Statuts hat jedes Parteimitglied das Recht, "seine Meinung in allen die DKP betreffenden Angelegenheiten frei zu äußern", "Kritik an Beschlüssen, Gremien und Mitgliedern der Partei zu üben", "sei-ne Meinung zu allen politischen Fragen in der Öffentlichkeit zu vertreten".
Ausdrücklich ist das Recht der Mitglieder festgehalten, "einzeln oder in Verbindung mit anderen Mitgliedern politische Positionen, Kritik und Vorschläge zu entwickeln", "alternative politische Positionen zu vertreten und dafür in der Partei um demokratische Mehrheiten zu werben".
Kein Parteigremium darf sich anmaßen, solche Aktivitäten einzuschränken oder zu unterbinden, geschweige denn Meinungsverschiedenheiten mit administrativen Maßnahmen „aufzulösen“. Denn laut Statut geht es um den Mitgliedern zustehende Rechte.

Zu 3) Um nicht wieder gutzumachenden Schaden von der Partei abzuwenden, schlage ich den Versuch ei-ner Vermittlung in diesem Konflikt vor durch eine Kommission, in der von beiden Seiten anerkannte, erfahre-ne Genossinnen und Genossen vertreten sein sollen.

abgelehnt mit 1 Ja-Stimme (Uwe Fritsch konnte an der PV-Tagung nicht teilnehmen)

Antragvon Lothar Geisler

Zum Beschluss der 9. PV-Tagung zu Südbayern

Für den Fall, dass das laufende Schiedsverfahren zur Wahrung statuarischer Rechte des demokratisch ge-wählten Bezirksvorstandes der DKP-Südbayern nicht automatisch aufschiebende Wirkung für den von der 9.PV-Tagung gefassten sog. „Auflösungsbeschluss“ der DKP-Südbayern hat, stelle ich folgenden Antrag an den PV:
Der „Beschluss zur Auflösung der Bezirksorganisation Südbayern“ wird mit sofortiger Wirkung bis zum 22. Parteitag der DKP ausgesetzt.
Begründung erfolgt mündlich (u.a.):

  1. Der o.g. Beschluss muss bekanntermaßen sowieso von den Delegierten des 22. Parteitags der DKP geprüft, d.h. bestätigt oder verworfen werden.
  2. Während des laufenden Schiedsverfahrens zur ergebnisoffenen Prüfung des südbayerischen Antra-ges muss die statutengemäße Vorbereitung des kommenden 22. Parteitages der DKP auch in Süd-bayern gewährleistet sein.
  3. Die Aussetzung des Beschlusses bietet die Möglichkeit (und sei sie noch so gering) in Vorbereitung auf den 22. Parteitag wieder alle Kraft auf die inhaltliche Debatte der zentralen Fragenkomplexe und Anträge (Leitantrag; Partei-Antrag) zu konzentrieren.

(abgelehnt mit 2 Ja-Stimmen)


 

Zur Information: Antrag BV Südbayern auf Wahrung statuarischer Rechte gem. Art. 16, 6.Abs. Statut u. Art.3 Schiedsordnung

Der- Bezirksvorstand Südbayern der DKP stellt als betroffenes gewähltes Parteiorgan bei der zuständigen Zentralen Schiedskommission den Antrag auf Wahrung seiner statuarischen Rechte und Pflichten.

Die Zentrale Schiedskommission möge feststellen:

    1.  Der Beschluss der 9.Tagung des Parteivorstandes der DKP vorn 17.118. Juni 2017 betr. „Auflösung der Bezirksorganisation Südbayern" ist ungültig.
      1I.    Durch diesen. Beschluss ist weder die Bezirksorganisation Südbayern „aufgelöst" noch sind die Bezirksorgane - Vorstand, Kommissionen und ihre Mitglieder - ihrer Ämter enthoben.
      III.    Die gewählten Vorstands- und. Kommissionsmitglieder nehmen ihre statuarischen Rechte und Pflichten in gültiger Form weiterhin wahr.

Begründung:

Der Beschluss widerspricht den zwingenden Bestimmungen des Bundesparteiengesetzes in
§ 6 Abs. 2 Ziff. 5 und § 16 Abs. 1 S. 1 und S. 2 Ziff.1. Im Sinne dieser Bestimmungen handelt es sich bei dem Beschluss nicht um eine „Auflösung" der Bezirksorganisation, sondern um eine „Amtsenthebung ganzer Bezirksorgane". Beides müsste jedoch ausdrücklich und unter Benennung der „schwerwiegenden" Voraussetzungen und Folgen im einzelnen in der „Satzung" (Statuten) selbst geregelt sein.
Dies ist in den Statuten unserer Partei nicht der Fall.
Art. 7 Abs 1 unseres Statuts, der regionale und organisatorische Strukturmaßnahmen ermöglicht. enthält keine Ermächtigungsgrundlage für disziplinarisch begründete Amtsenthebungen oder Auflösungen.
Es gibt keine Ersatz-Sammel-Parteiordnungsverfahren mit Folge von Ersatz-Sammel-Funktionsverboten an den zuständigen Schiedskommissionen vorbei.
Sollten wegen der erhobenen Vorwürfe Parteiordnungsverfahren eingeleitet werden, verantworten sich die betroffenen Genossinnen und Genossen vor den zuständigen Schiedskommissionen, wie sie dies auch weiterhin auf politischer Ebene tun.
Unabhängig hiervon ist der PV-Beschluss ungültig und verletzt die statuarischen Rechte der gewählten Organe und ihrer Mitglieder.

München den 21. August 2017


Nicht befasste Anträge

Der Antrag des Bezirksvorstands Südbayern an die 10. PV.-Tagung, den Beschluss der 9. PV-Tagung „Auflösung der Bezirksorganisation Südbayern“ aufzuheben, wurde nicht befasst. Begründet wurde dies damit, dass der PV den Bezirksvorstand abgesetzt habe, dieser deshalb auch keine Antrag stellen könne.

Antrag des Bezirksvorstands Südbayern

Der Bezirksvorstand Südbayern stellt den Antrag an die 10. PV.-Tagung, den Beschluss der 9. PV-Tagung „Auflösung der Bezirksorganisation Südbayern“ aufzuheben.

Begründung:

Der Beschluss verstößt gegen das Statut der DKP und widerspricht den Bestimmungen des Parteiengeset-zes.
Nach § 6 Abs. 2 Ziff.5 und § 16 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Ziffer 2 des Bundesparteiengesetzes enthält der PV-Beschluss vom 16.6.17 gar keine „Auflösung“ des Bezirks, sondern eine „Amtsenthebung der Be-zirksorgane“;
Solche „Ordnungsmaßnahmen gegen Bezirksverbände“ müssten – unter ganz engen Voraussetzungen – im Statut geregelt sein, was sie aber nicht sind. Unabhängig davon gibt der Art. 7 unseres Statuts einen solchen Beschluß mit der vorliegenden Begründung nicht her. Der hat andere regionale und organisatori-sche Zwecke. Ein Ersatz-Sammel-Parteiordnungsverfahren mit Ersatz-Sammel-Funktionsverbot an den Schiedskommissionen vorbei gibt es jedenfalls nicht.
Eine „Auflösung des Bezirks“ ist weder durch das Statut Art. 7 gedeckt, noch nach dem Parteiengesetz mög-lich.
Der Beschluss des Parteivorstandes vom 17./18. Juni 2017, den Bezirk Südbayern der DKP aufzulösen, ist ein einmaliger Vorgang in der Geschichte der Partei.
Er offenbart ein autoritäres und dogmatisches Parteiverständnis und widerspricht allen Regeln der innerparteilichen Demokratie, wie sie im Statut vorgesehen sind.
Weder war dieser gravierende Beschluss den Parteivorstands-Mitgliedern als Tagesordnungspunkt angekündigt worden, noch wurde den Betroffenen, den Mitgliedern des Bezirksvorstand Sby und seiner Kommissionen, die Möglichkeit eingeräumt, sich auf der Parteivorstands-Tagung dazu zu äußern.
In zentralen Politik- und Ideologiebereichen ist man dabei, Positionen des Parteiprogramms auszuhebeln: In Fragen der Bündnispolitik, der Haltung zu den Gewerkschaften, in der Europapolitik, in der Haltung zu den Verbrechen unter Stalin, dem Charakter der Partei und anderen Bereichen.
Es geht um die Liquidierung einer politischen Linie in der DKP, die in wesentlichen Punkten die Positionen des Parteiprogramms verteidigt.
Meinungsverschiedenheiten mit administrativen Maßnahmen „aufzulösen“ ist in jeder Hinsicht parteischädigend und weckt Erinnerungen an die finstersten Zeiten der Parteigeschichte.