Reaktionen aus der Partei zum PV-Beschluss

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22.10.2016: Der Parteivorstand der DKP hat auf seiner letzten Vorstandstagung einen Beschluss gefasst, in dem angekündigt wurde, auf der nächsten PV Tagung am 19. / 20. 11. gegen das Netzwerk Kommunistische Politik organisationspolitische Maßnahmen zu beschließen. Die Partei wurde aufgerufen, hierzu  Position zu beziehen.

Wir dokumentieren einige Stimmen aus der Partei:

Leserbrief an die UZ aus Oldenburg

Bei der letzten PV-Tagung hat die Mehrheit entschieden, dass das innerparteiliche Netzwerk kommunistische Politik eine Fraktion ist. „Massnahmen“ und „organisationspolitische Reaktionen“ würden folgen – aber erst zur nächsten PV-Tagung im November.
Sollen diejenigen, die die Erklärung des Netzwerkes kommunistische Politik unterstützen, ausharren bis November, um dann disziplinarische Massnahmen in Empfang zu nehmen? Wie sollen die aussehen, wen sollen diese treffen? Fabuliert wird darüber, dass nur „ein Teil der Parteiopposition den Boden der Gemeinsamkeiten verlassen“ hat. „Unterschiede“ werden bei den Personen gesehen. Was ist mit diesen Unterschieden gemeint und welche sind diese? Welche Konsequenzen hat das?
Im Beschluss werden als Begründung Verfehlungen der letzten Jahre aufgelistet, die sich die Parteiopposition angeblich geleistet hat – einschließlich Gründung der Marxistischen Linken und Unterschriftensammlung unter den offenen Brief des Netzwerkes.
Das eine hat nicht zwingend mit dem anderen zu tun. Bei der marxistischen Linken handelt es sich um einen Zusammenschluss außerhalb(!) der DKP. Es ist ein von Parteien unabhängiger Zusammenschluss von MarxistInnen mit eigenen Strukturen. Beim Netzwerk kommunistische Politik handelt es sich um einen Diskussionszusammenhang von DKP-Mitgliedern, also innerhalb(!) der Partei. Das Netzwerk ist eindeutig gedeckt durch das Statut: Wir Mitglieder haben das Recht, „einzeln oder in Verbindung mit anderen Mitgliedern politische Positionen, Kritik und Vorschläge zu entwickeln, in den Zusammenkünften und Publikationen der Partei alternative politische Positionen zu vertreten und dafür in unserer Partei um demokratische Mehrheiten zu werben“ (Statut).
Gilt das Statut nicht für alle Mitglieder der Partei? Unsere Sorge ist – deswegen haben wir auch den Brief des Netzwerkes unterschrieben –, dass immer mehr ein zentralistisches Parteikonzept ohne lebendigen wissenschaftlichen Diskurs gelebt wird.
Durch den Beschluss der PV-Mehrheit, dass das Netzwerk eine Fraktion innerhalb der Partei darstellt, werden wir in eine Ecke gedrängt, in der unsere Rechte, als Parteimitglieder die Politik der Partei mit zu entwickeln, erheblich eingeschränkt werden. Wir sehen vor allem die Gefahr einer immer enger werdenden Bündnisorientierung sowie den Verlust der Bündnisfähigkeit der DKP.

Ulrich Hallbauer
Ingrid Köpnick
Sabine Frieden
Jürgen Halbfaß

Beschluss der DKP Elmshorn vom 10. 10. 2016

Die DKP Elmshorn weist den Beschluss der letzten Tagung des Parteivorstandes zum Netzwerk Kommunistische Politik zurück und fordert das die Eischätzung, es handele sich um eine „Fraktion“, zum Umgang mit der :„Massnahmen“ und“organisatorich- politische Reaktionen“ erfolgen würden, zurückgenommen werden.
Die Bestimmungen des Statuts sind klar definiert , eine irgendwie geartete Fraktion , die auf der Grundlage des Programms und Statuts agiert ist ein Widerspruch in sich selbst. Die im Netzwerk aktiven Mitglieder handeln auf der Grundlage des Programms auch in der DKP Gruppe Elmshorn.
Wir fordern den Parteivorstand auf endlich Gespräche mit den Vertretern des Netzwerkes Kommunistische Politik zu führen, mit dem Ziel eine weitere Schwächung der DKP zu verhindern und die tiefgreifenden Meinungsverschiedenheiten weiter zu diskutieren mit dem Ziel sie langfristig zu überwinden.

Beschluss des DKP Kreisvorstands Oberfranken vom 14. Oktober 2016

Einspruch gegen die Androhung von „Ordnungsmaßnahmen“
gegen Kritiker der PV-Mehrheit
Die DKP Oberfranken lehnt die im Beschluss der letzten PV-Tagung angedrohten „organisationspolitischen Reaktionen“ entschieden ab. Wir sehen darin den unzulässigen und zudem absolut unklugen Versuch der Disziplinierung des „Netzwerks Kommunistische Politik“. Soll mit Parteiordnungsverfahren über politische Meinungsverschiedenheiten entschieden werden?

Besonders befremdet sind wir über die Absicht, dabei eine Auswahl zu treffen – und zwischen Kritikern des PV „unterschiedlichen Grades“ differenzieren zu wollen. Egal, wer damit im Einzelnen gemeint sein soll – wir als KV der DKP Oberfranken akzeptieren keinerlei administrative Maßnahmen dieser Art. Wir würden diese deshalb als auch gegen uns gerichtet ansehen.

Nach den Bestimmungen unseres Statuts ist Fraktionsbildung klar definiert. Eine Gruppe von Mitgliedern, die auf der Grundlage unseres Programms und Statuts aktiv sind, zur Fraktion zu deklarieren, ist absurd und vom Statut nicht gedeckt.

Die allermeisten der im Netzwerk Aktiven gehören zu unseren erfahrensten und erprobtesten Mitgliedern, darunter auch Mitglieder unserer Kreisorganisation. Sie handeln ausdrücklich auf der Grundlage des Programms, gerade weil sie sich große Sorgen um die Entwicklung der Politik der DKP machen.

Wir fordern den Parteivorstand auf, Gespräche mit den Vertretern des Netzwerkes Kommunistische Politik zu führen. Eine weitere Schwächung der DKP ausgerechnet in dieser zugespitzten politischen Situation ist unbedingt zu verhindern.

Es führt kein Weg daran vorbei, die tiefgreifenden Meinungsverschiedenheiten weiter mit Ernst und Respekt zu diskutieren. Nur so werden wir sie langfristig überwinden und auch wieder zur Stärkung der Linken insgesamt mit allen zur Verfügung stehenden Kräften beitragen können. Jede Art administrativen Vorgehens, wie in dem o.g. Beschluss angekündigt, würden wir als existenzielle Bedrohung für den Fortbestand unserer Partei ansehen.

Wir unterstreichen, was Genosse Georg Polikeit in seinem Appell an die Partei ausführlich dargelegt und begründet hat:

Wir brauchen eine „Debatte ohne verfälschende Etikettierungen. Das braucht Geduld und Weitsicht. Aber darin liegt meiner Ansicht nach die einzige Chance für die DKP, zu neuem Ansehen und zu neuer Kraft zu kommen. Alles andere führt in die totale Bedeutungslosigkeit.“

Einstimmig beschlossen am 14. Oktober 2016

Brief von Genossinnen und Genossen aus Ruhr-Westfalen an den Parteivorstand und den Bezirsvorstand Ruhr—Westfalen vom 21.10.2016

Liebe Genossinnen und Genossen des Parteivorstands,

wir haben die DKP-Information Nr. 5 gelesen und es macht uns große Sorge, dass dort Sanktionen gegen Genoss*innen der Partei aufgrund – wie es der Parteivorsitzende interpretiert – „Bildung einer Fraktion in der Partei“ angekündigt werden.

Wir widersprechen diesem Urteil und halten ein Beschlussvorhaben, das Sanktionen wie Parteiausschluss u. a. vorsieht, für falsch. Nicht nur, dass sie dem Programm und Statut unserer Partei widersprechen würden. Wir halten es für fatal, auf diese Art und Weise mit den Auseinandersetzungen in unserer Partei umzugehen.

Es würde die Partei weiter zersplittern, statt sie zusammenzuführen. Wir sind der Meinung, dass weitere Diskussionen notwendig sind. Wir müssen wieder aufeinander zugehen und miteinander reden lernen. Das ergibt sich schon allein aus der Verantwortung, die wir angesichts der zugespitzten politischen und sozialen Lage auf allen Ebenen haben. Wir stehen vor der schweren Aufgabe, in möglichst breiten Bündnissen gegen die ständig anwachsende Rechte vorzugehen sowie für die Organisierung einer starken Linken mit Sorge zu tragen. Und schließlich auch dazu beizutragen zu verhindern, dass die Partei Die Linke aus dem Bundestag fliegt.

Die Unterzeichner*innen dieses Schreibens sind der Meinung, dass eine sachbezogene, solidarische und produktive Debatte ohne Ausgrenzungen von Meinungen über die grundsätzlichen Differenzen in der Partei fortgeführt werden muss. Wir denken, dass es viele Genoss*innen in unserer Partei gibt, die darüber immer noch nicht oder nur bruchstückhaft im Bilde sind. Es muss in unserer Partei möglich sein, darüber zu diskutieren, welche Rolle eine kommunistische Partei heutzutage spielen muss und kann und wie ihre Politik ausgerichtet sein sollte. Das kann aber nur auf der Grundlage dessen geschehen, dass alle sich ein Bild darüber machen können, worin die sachlichen und politischen Meinungsverschiedenheiten in unserer Partei bestehen.

Unverzichtbar ist für uns, dass diese Diskussion auf der Grundlage unseres Programms von 2006 geführt werden muss.

Wegen dieses großen Diskussionsbedarfs in unserer Partei halten wir es für zwingend geboten, wieder miteinander ins Gespräch zu kommen und somit auch dem Rückzug vieler Genoss*innen aus der Partei entgegenzuwirken.

Wir unterbreiten daher unserem Bezirk Ruhr-Westfalen folgende konkrete Vorschläge:

Vorschlag Nr. 1:
Der Bezirksvorstand bildet einen Kreis von Genoss*innen mit den unterschiedlichen Positionen. Dieser hat die Aufgabe, Diskussionsprozesse zu initiieren und zu organisieren. Ziel dabei sollte sein, die divergierenden Meinungen wieder und weiter zur Aussprache zu bringen. Es könnten z.B. regelmäßige Veranstaltungen auch mit Referenten und anschließender Diskussion stattfinden.

Vorschlag Nr.2:
Womöglich sollte dies auch auf den Kreisebenen stattfinden, wo kleinere Kreise von Genoss’innen mit den unterschiedlichen Positionen zu bilden sind, die  Diskussions-veranstaltungen in Absprache mit dem Kreis ins Leben rufen.  

Das sind organisationspolitische Vorschläge, die dazu beitragen können, die Zusammenarbeit in unserer Partei wieder herzustellen und zugleich einem weiteren Zerfall der Partei entgegenzuwirken. Ein solcher Diskussionsprozess würde auch die Bildung marxistischen Wissens und Verständnisses befördern.

Und er könnte vermitteln, dass Toleranz und Respekt gegenüber abweichenden Positionen unabdingbar für die Diskussionskultur in unserer Partei sind und darüber hinaus, um wieder eine anerkannte Rolle als Partnerin für andere politische Kräfte zu spielen. Das Aushalten anderer und oft gegenteiliger ideologischer und politischer Positionen hat uns seinerzeit zu einer respektierten Partnerin in der Linken, in der Friedensbewegung und in anderen sozialen Bewegungen gemacht.

Gegenwärtig ist zu befürchten, dass wir aufgrund unserer internen, oftmals auf der Grundlage von Halbwissen geführten Auseinandersetzungen, von Lagerbildung und Blockadehaltung sowie der Absicht der Parteiführung, den Problemen allein auf administrative Weise beizukommen, kein ernstzunehmender Diskussionspartner in den Bewegungen mehr sind. Deswegen sollten wir alles daransetzen aus dieser Situation herauszukommen, um wieder zu einer geschätzten Partnerin der linken Opposition in diesem Land zu werden.

In diesem Sinne wünschen und erwarten wir von Euch eine baldige Erwiderung.

Günter Düsing, Bochum
Alice und Klaus Czyborra, Essen
Ullrich Indersmitten, Essen
Petra Leonartz, Essen
Ursula Möllenberg, Gelsenkirchen
Hilla Eigemeier, Recklinghausen
Karla Leonartz-Aksu, Voerde
Christa Steinert, Voerde