Die Story von der „Reichensteuer“ in Frankreich

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Reiche_sollen_zahlen30028.08.2011: „Frankreich führt Reichensteuer ein“, tönte es letzte Woche von der französischen Regierung, und in den Nachrichtensendungen der ARD und anderen Medien wurde dies unbesehen übernommen. Nanu, war der rechtskonservative Staatschef Sarkozy über seinen Schatten gesprungen? Keine Sorge, auch in Frankreich ist die Welt immer noch in der guten kapitalistischen „Ordnung“. Es handelt sich um ein klassisches Beispiel von Irreführung der Öffentlichkeit.

Tatsächlich hat Sarkozys Regierungschef Fillon am 24.8. ein neues „Sparpaket“ angekündigt, das vor allem die „kleinen Leute“ treffen wird. Das französische Staatsdefizit liegt derzeit bei 5,7 % des BIP, während das Wirtschaftswachstum 2011 deutlich schwächelt. Deshalb wurde gemunkelt, dass die Rating-Agenturen vielleicht auch Frankreichs AAA-Note herabstufen könnten. Um dem zu begegnen, hat Fillon erklärt, dass er dieses Haushaltsdefizit durch weitere „Einsparungen“ und „höhere Steuereinnahmen“ im nächsten Jahr auf 4,6 % und 2013 wieder unter 3 % senken werde. Insgesamt geht es dabei um eine Gesamtsumme von 12 Milliarden €, die durch Haushaltskürzungen und Steuererhöhungen hereinkommen soll.

Aber die angekündigte „Sonderabgabe auf große Vermögen“ (3 % für Vermögen von über 500 000 €, begrenzt auf die nächsten zwei Jahre, bis Frankreichs Defizit wieder unter 3 % liegt) wird, selbst wenn sie so tatsächlich beschlossen werden sollte (das Parlament entscheidet darüber nach den Sommerferien), nach Berechnungen von Fachleute nur etwa 200 Millionen pro Jahr einbringen, in zwei Jahren also ganze 400 Mio. von einer Gesamtsumme von 12 Milliarden. Wer bezahlt den Rest? Selbst die sozialdemokratische „Parti Socialiste“ verwies in einer Stellungnahme darauf, dass Sarkozys reiche Freunde 200 Millionen zahlen sollen, während allein die von Sarkozy zu Jahresbeginn veranlasste Senkung der „Solidaritätssteuer auf Vermögen“ (ISF) ihnen 2 Milliarden jährlich einbrachte. Nur ein Zehntel davon sollen die Reichen nun wieder zurückgeben müssen – eine „symbolische Belanglosigkeit“, wie es Gewerkschafter nannten. Aber sie hat den Vorteil, dass die Regierung für Gutgläubige verbreiten lassen kann, die vorgesehenen Maßnahmen seien „gerecht verteilt“.

Zu den neuen Belastungen für die kleinen Leute gehören neben einer Erhöhung der Alkohol- und Tabaksteuer sowie der Steuer auf Mineralwasser u. a. die Anhebung der Steuern auf den Abschluss von Lebensversicherungen und Gesundheitszusatzversicherungen. Viele sehen darin auch die Vorankündigung einer beabsichtigte generellen Erhöhung der Mehrwertsteuer. Jean-Luc Mélenchon, der gemeinsame Spitzenkandidat der von der PCF initiierten „Linksfront“, erklärte dazu: „Die Sparpolitik, die eben verkündet wurde, ist, indem sie den Haushalt des Staates und der Gebietskörperschaften weiter einschnürt, ein dramatischer Widersinn. Sie wird die wirtschaftliche Rezession und damit die Defizite weiter vertiefen. Sie wird die sozialen Ungleichheiten weiter ausprägen.“. Er betonte, dass die Reichen nur kurzfristig und geringfügig zur Kasse gebeten werden sollen, während die übrigen Bürger für immer mehr zahlen müssen. Der Abbau der Stellen im öffentlichen Dienst soll weiter gehen. Und obwohl großartig von „Reichensteuer“ die Rede war, war von der Regierung absolut nichts zu hören von den Banken und von den Superprofiten der großen Konzerne.

Text: Pierre Poulain

 

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