Prof. Deppes ideenreiche, aber unvollständige Analyse (Hans-Peter Brenner)

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Frank Deppes Wort und seine Analysen der strukturellen, organisatorischen und bewusstseinsmäßigen Entwicklungsprozesse in der Arbeiter- und  Gewerkschaftsbewegung haben seit Jahrzehnten zu Recht ein großes Gewicht und großen Einfluss in der politischen Linken.
Ich schicke diese Bemerkung bewusst voraus, weil ich im folgenden Widerspruch zu etlichen Aussagen in seinem auf „kommunisten.de“ veröffentlichten Referat auf der IGM Schule in Sprockhövel formulieren will.
Zunächst aber will ich über Gemeinsames sprechen.

1.Gemeinsame Fragen

Ich stimme den von F. Deppe vorgetragenen Ausführungen über die Rolle der Angst (vor sozialem Abstieg) die zu einer „Passivitätskrise“ unter den Lohnabhängigen führt zu.

Wie eine neue Studie des Bielefelder Soziologen Wilhelm Heitmeyer zeigt, ist es vor dem Hintergrund der existentiellen Sorge um den eigenen Arbeitsplatz den Herrschenden gelungen , die traditionelle Konkurrenzen innerhalb der Lohnabhängigen deutlich zu verschärfen. Diejenigen, die noch im relativ gesicherten Normalarbeitsverhältnis stehen, grenzen sich zunehmend von denen ab, die bereits am Rande der Klasse als Hartz IV - Empfänger dahin leben. Nicht die Solidarität mit ihnen dominiert, sondern die Angst, es könne einem selbst bald so ergehen und die „Hartzis“ könnten das löchrige soziale Netz „auf unsere Kosten“ ausnutzen.

Dass es gegenwärtig kein die Massen überzeugendes „politisches Klassenprojekt ´von unten´“ gibt, stimmt.
Zumindest verfügen derzeit weder die sozialreformerisch bzw. die „reformistisch“ orientierte politische und gewerkschaftliche Linke, aber auch nicht der revolutionäre Flügel der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung, als den wir uns als Kommunistinnen und Kommunisten verstehen,  über die „zündende“ Idee“ bzw. die „packende  und massenwirksame“ Programmatik, mit der dieser Verunsicherung derzeit etwas Effektives entgegen gesetzt werden kann.
Deswegen liegt F. Deppes Frage, ob die marxistische Theorie der Klassen und des Klassenkampfes überhaupt noch etwas tauge, nicht so weit entfernt von Fragen, mit denen wir uns selbst in der DKP herumplagen. Unsere Antworten sehen aber anders aus (s.u.).
Es bleibt noch eine weitere grundsätzliche Übereinstimmung hinzuzufügen: Es ist richtig, dass der „Marx´sche Klassenbegriff historisch und höchst dynamisch“ ist (Deppe Referat, S. 4). Doch dies als Widerspruch zu einer angeblich „geschichtsphilosophischen Aufladung“ des Klassenkonzepts („historische Mission der Arbeiterklasse“)  anzusehen, wie F. Deppe es tut, fordert meinen Widerspruch heraus.

weiter siehe Anhang